Geschichte der auswärtigen Politik Österreichs im 19. Jahrhundert.
99 IT. Der Kampf gegen Napoleon.
da ſprach der Konſul drei Stunden lang unermüdli<h über die ver=ſchiedenſten Dinge. Troß ſeines langen Verweilens in der Hauptſtadt Frankreichs konnte Ludwig Cobenzl nichts erreichen. Der allgemeine Hinweis Napoleons auf die Türkei, wo ſich Öſterreich für ſeine Verluſte ſchadlos halten möge, war nur eine nichtsſagende Au3=flucht. Cobenzl freute ſih darum, nah Wien zurü>berufen zu wer=den, wo unterdeſſen Fürſt Trautmannsdorf die Staatskanzlei geleitet hatte. Ein kaiſerliches Handſchreiben vom 18. September 1801 ſette feſt, daß Cobenzl im Vereine mit dem Kabinettsminiſter Grafen Colloredo die Führung der auswärtigen Angelegenheiten beſorgen ſolle, wobei jedoch die Oberleitung der Form nach dem Kabinett3miñiſter überlaſſen blieb.
Napoleon hatte den Krieg nicht bloß mit Kaiſer Franz beendet, ſondern auh mit England zum Abſchluſſe gebracht. Der Präliminarfriede vom Oktober 1801 leitete beſſere Beziehungen ein, die dann durch den Frieden von Amiens befeſtigt wurden. Mit Rußland waren ſhon früher angenehme Verbindungen hergeſtellt worden, Zar Paul. hatte ſih von einem Gegner Napoleons zu einem Bewunderer des Korſen entwi>elt und Zar Alexander I. ließ ſi<h glei<hfalls von Frankreich feſſeln. Preußen hielt ſeit den Baſeler Abmachungen zu Frankreich und Napoleon bemühte ſich vorerſt, das gute Verhält=nis zu bewahren. Um ſo ungehemmter durfte er nun die Ordnung der BeſißrechteimDeutſchen Reiche an ſich ziehen. Die wichtige Entſhädigungsfrage ſollte niht in Regensburg, ſondern in den Tuilerien entſchieden werden. Es drängten ſich auch bereits die deutſchen Fürſten an Napoleon heran; ſie buhlten um ſeine Gunſt und bewarben ſi< um das Wohlwollen ſeiner Vertrauens8männer. Die Zukunft des Deutſchen Reiches war zu einer Geſchäftsſache gewor=den. Geld und Laune, nicht Prinzipien wurden die bewegenden Faktoren. Napoleon ſ{<loß der Reihe nah mit Württemberg, mit Preußen, Bayern, Baden und Heſſen-Darmſtadt Übereinkünfte. Dieſe Abmachungen bildeten die Grundlage für den Entwurf einer allgemei=nen Säkulariſation, für die der erſte Konſul am 3. Juni 1802 die Zuſtimmung Rußlands gewann. Öſterreich wurde in Ungewißheit gelaſſen, ſo daß Cobenzl glauben konnte, das maßgebende Wort ſprechen zu dürfen. Wie entſegt war er deshalb, als er aus dem amtlichen franzöſiſchen Organe die Kunde von dem Abſchluß eines Vertrages zwiſchen Frankreih und Rußland erhielt. Franz entſchloß ſi<h zum Widerſtande, denn ihm war ſowohl die Öſterreich zugewieſene Abfertigung zu klein, wie der Gewinn, den Preußen davontragen ſollte,