Geschichte der französischen Revolution

Der 5./6. Oftober. 35

Troßdem ſchlug die Menge zwei Grenadieren den Kopf ab ſhon vorher hatte man einen Abt an einer Laterne aufgeknüpft — und drang in das S<loß. Tobend ſtürmte ſie die große Sreitreppe hinauf an den fleinen, aber außerordentlih reizvollen Gemächern der Königin vorbei, die dur einen geheimen Gang, nur mit einem Unterro> bekleidet, zum Könige entkommt. Während nun die Banden beginnen, die Möbel aus den Fenſtern des S<loſſes zu werfen und dur< den Verſu< der Nationalgarde, das Schloß zu ſäubern, erſt re<t erbittert werden, weilt die königlihe Familie ängſtvoll im S<lafzimmer des Königs, bis Lafayette erſcheint. Er beredet Marie Antoinette, auf dem Balkon, von dem ſonſt der Connetable den Tod des Herrſchers zu verkündigen pflegt mit dem Rufe: Le roi est mort, vive le roi, der Menge ſi< zu zeigen. Da ſie Slinten emporgeri<tet ſieht, zögert ſie, dann tritt ſie mit den Worten: „Und wär's mein Tod“ hinaus und Lafayette küßt ihre Hand. Damit ſcheint die Verſöhnung vollzogen, die Maſſen, die eben no< das Herz der Öſterreicherin gefordert, rufen gerührt: Es lebe der General, es lebe die Königin ! In dieſer Stunde hat Marie Antoinette den Ehrentitel ſi< erworben, den Mirabeau ihr beilegte, der einzige Mann im Pa[aſte zu ſein. Dann ordnet ſi<h der Zug zur Hauptſtadt, wie nie wieder einer eine föniglihe Familie geleitet hat. Die Familie des Monarchen und Deputierte in Wagen, die Artillerie mit Weibern auf den Kanonen, die königlihe und Nationalgarde paarweiſe gemiſcht, die Pikenmänner und die Weiber auf Pferden und Wagen oder zu Fuß, eine Bande mit Menſchenköpfen auf langen Stangen, die man in Sèvres friſieren und pudern läßt. Johlend und tanzend geht es dahin, nur Ludwig und ſeine Gemahlin ſind ſo ruhig, als hätten ſie (na< dem Worte Leopolds IT.) ſtatt des Blutes reines Waſſer in den Adern, als hätten ſie Nerven von Werg und eine Seele von Wolle. In dieſem Triumph der Beſtialität und Brutalität iſt für menſhli<he Intelligenz und geſeßlihe Autorität kein Raum mehr; die Schre>ensherrſhaft hat begonnen. Shon nach der Zurü>berufung Ne>ers hatten Graf Artois und andere überzeugte Anhänger des Alten Paris verlaſſen; jezt wandern immer größere Scharen von Adeligen und Geiſtlichen in das Ausland. Feige verlaſſen dieſe Emigranten den König, und der Krieg, den ſie in der Shweiz, in Savoyen und am ANUG 546: Bitterauf, Franzöſ. Revolution. 3