Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

Vordringen der Franzoſen bis Klagenfurt. 97

Hoche's Aufbruch, ſelbſt ohne die Ankunft ſeiner aus den Legationen zu= rüd>fehrenden Truppen zu erwarten, den Oeſterreichern entgegen.

Das wiener Kabinet hatte den Erzherzog Karl aus Deutſchland abberufen, und ihm die Vertheidigung der Monarchie auf ihrer, Bona= parte gegenüber, jet verwundbarſten Seite übertragen. Vom Kaiſer Franz war eine Aufforderung zur Ergreifung der Waffen an alle ſeine Völker ergangen, der beſonders in Wien und Tyrol mit Begeiſterung entſprochen wurde. Aber die dem Erzherzoge, welcher die Linie des Tagliamento vergeblich zu behaupten ſuchte, unmittelbar zu Gebote ſte= henden Streitkräfte ſtanden denen Bonaparte's nah, indem die vom Rhein und aus Ungarn erwarteten Verſtärkungen no< nicht eingetroffen waren. Das öſterreichiſche Heer wax, aus einer Stellung in: die andere gedrängt, auf einem beſtändigen Rücßzuge begriffen. Nichts ſchien den Franzoſen unmöglich zu ſein. Zwiſchen den von der Rheinarmee herbei= gezogenen Diviſionen, und den Soldaten der italieniſchen Armee fand ein brennender Wetteifer ſtatt. Von Maſſena, der in dieſem Feldzuge beſonders hervorragte, ward eine außerordentliche Thätigkeit und Kühn= ; heit, die Bonaparte ſelbſt nicht übertreffen konnte, dargelegt. Am 21, März nahm dieſer General, der, wiè Bonaparte, von italieniſcher Her= funft war, den Paß von Ponteba ein, und zwang während der beiden folgenden Tage, nach blutigen Gefechten, zwei öſterreichiſche Korps, auf den Schneehöhen von Tarvis die Waſfen zu ſtre>en. Am 30. März waren die Franzoſen bis Klagenfurt und St. Veit vorgedrungen.

Während die Hauptarmee unter Bonaparte ſo reißende Fortſchritte machte, war Joubert, der in Tyrol eingedrungen, nachdem er Anfangs glülih geweſen, auf einen unerwartet mächtigen Widerſtand von Seiten des dortigen Landſturmes geſtoßen, und zum Rüczuge dur vas Puſter= thal gezwungen worden. Joubert ſtrebte jezt nah der Vereinigung mit Bonaparte, konnte aber, überall von Feinden umgeben, demſelben keine ‘Nachrichten über ſeine Bewegungen zukommen laſſen. Bonaparte wurde, als ex von der Volkserhebung in Tyrol hörte, von Beſorgniſſen über das Schi>ſal dieſer Abtheilung ſeines Heeres exfüllt.

Aber, ſelbſt von Joubert abgeſehen, war Bonaparte's eigene Lage eine gefährliche geworden, und flößte ſeinem ſonſt ſo kühnen Geiſte Bez denklichkeiten ein. Er hatte, bei ſeinem Ueberſhreiten der Alpenpäſſe zwiſchen Krain und Kärnthen, auf die Mitwirkung der beiden franzöſi= ſchen Heere, wel<he vom Rhein her gegen Wien ziehen ſollten , gerehnet, erfuhr aber zu ſeiner Ueberraſhung, daß Moreau nah Paris gereiſt war, und Hoche noh auf dem linken Rheinufer ſtand. Er hatte, wenn

Bed>er, Weltgeſhihte. 8. Aufl. Y 7