Gesicht und Charakter : Handbuch der praktischen Charakterdeutung : mit zahlreichen Kunstdrucktafeln, Zeichnungen und Bildtabellen

XVI, 8), gewinnt ihr eigenes Gesicht. Sehr oft verhindern die momentane Einstellung, die Regelmäßigkeit oder Unregelmäßigkeit der Züge, äußere Ähnlichkeiten, Bart, Brille oder Maske das Durchschauen des Ausdrucks und werden später in ihrer Wirkung aufgehoben. Dem scharfen Auge sind die verhängten Züge des verschleierten Kontakts in einem Gesicht-wie dem des Hofarzts Franz’ I. (XII, 2) lieber als manche planen, offenen; haben sie uns einmal ihr Geheimnis offenbart, dann verleihen sie als Anzeichen einer höheren Kompliziertheit und einer tieferen Ausdrucksschicht erst recht dem Gesicht seinen eigenen Charakter. Und schließlich betreiben wir ja Ausdrucksphysiognomik eben deswegen, weil uns anfangs die Gesichter zu wenig ausdrucksstark sind; das Ziel der Analyse ist es, jedes ausdrucksstark erscheinen zu lassen.

7. Unsymmetrie der Züge (Tabelle 21)

Daß wir innerlich unsymmetrisch gebaut sind, ebenso wie auch unsre Gesichtshälften nie ganz symmetrisch sind, dürfte allgemein bekannt sein. Darüber hinaus aber ist der Gesichtsausdruck nicht selten auffällig unsymmetrisch, es gibt also Gegensätze nicht nur zwischen Ober- und Untergesicht, sondern auch zwischen links und rechts, und wir dürfen fragen, ob diese mangelnde Symmetrie eine bestimmte Bedeutung hat.

Jedes der beiden Augen unseres schwarzen Arbeitslosen (XVI, 2) blickt verschieden, und wir erklärten das aus der zwiespältigen Haltung zwischen Hoffnung und Resignation. Sehr stark fiel uns die Unsymmetrie beim Abwehrblick auf (Tom XIV, 6; Frau vom Piz Palü XI, 2; Verdi VI, 6), wo wir die eine Seite mit offenerem Auge und Querfalten auf der Stirn, die andre abgedeckter mit herabgezogenen Augenbrauen fanden; wir haben hier die beiden Komponenten der

242