Illustrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/15.

Illuſtrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/15.

87

Angeklagten günſtigen Augenbli> den Prozeß niederſhlagen. Die Betriebſamkeit Genadiews, der nun vielbeiht von ſeinem Schifſal ereilt wird, hat die Neutralitätspolitik Bulgariens mehrfa< ernſtlih in Gefahr gebraht;_ denno< \hlug die Stimmung Bulgariens immer deutliher zu=gunſten Der Zentralmächte um. Ganz offen “und von ganzem Herzen gönnte man den Ruſſen ihre Niederlagen în Galizien. Die bulgariſche Regierung verhandelte fowohl mit dem Vierverband wie mit den Zentralmächhten und ZUleßt au< mit der Türkei. Während die großprahleriſ<hen Vexrſpre<hungen des Vierverbandes feinen Eindru> auf ſie machten, führten die Verhandlungen mit den Zentralmächten 1nd dex Türkei bereits zu einem greifbaren Ergebnis. Die Vermittlung zwiſhen den Mächten übernahm der außerordentlihe deutſhe Botſchafter in Konſtantinopel, Fürſt Hohenlohe-Langenburg, der amt 18. Juli au< von dem bulgariſchen König in beſonderer Audienz empfangen wurde. Als Ergebnis der Verhandlungen zwiſhen Bulgarien und der Türkei meldeten die „Times“ aus Sofia, daß am 22 SUE Konſtantinopel- ein Abkommen unterzeihnet wurde, wonah die Türkei an Bulgarien die Dedeagatſcheiſenbahn abtritt. Dedeagatſh iſt dex wihtigſte Hafen Bulgariens am Ägäiſchen Meere. Das geſamte Gebiet weſtlih der Marißa ſoll bulgariſ<h werden. Damit erlangt Bulgarien — ein bedeutender Erfolg von Radoslawows fluger Neutralitätspolitik — einen ſehr beträhtlihen Gebietszuwahs außer der ihm fo überaus wichtigen Eiſen-=

bahn. Die türkiſh-bulgariſhe Grenze wird fortan bis un=--

inittelbar unter die Tore Adrianopels führen, von deſſen ſüdlihen Befeſtigungen alle Werke am Weſtufer der Mariza an Bulgarien fallen. Wenn der Wunſ<h Bulgariens auf den Beſiß einer Zone von 2900 Meter um den ihm zufallenden Adrianopeler Bahnhof Cara erfüllt wird, muß ſogar eine furze neue Eiſenbahnſtre>e angelegt WerDeN, damit die Türkei einen unabhängigen Zugang zU Adrianopel erhält. Wenn die „Times“ auh hervorheben zu müſſen glaubten, daß dieſes Abkommen feine politiſhen Verbindlihhkeiten Bulgariens der Türkei und den Zentralmächten gegenüber enthalte, ſo bemerkten ſie gleihzeitig do, Daß die Türkei ſi kaum einer ſol<h wichtigen Gebietsentäußerung ohne die Sicherheit der einen oder

anderen politiſhen Gegenleiſtung unterzogen haben würde. England hat denn auh ſeine Hoffnung auf Bulgariens Eintritt in die Reihen des Vierverbandes ſ<on aufgegeben und- dehnt die Beläſtigungen des Handels im Ägäiſchen Meere demaemäß auch auf die bulgariſhe Küſte aus. Engsliſche Kriegſchiffe üben ihre ſtörende Überwachung ſ<hon unmittelbar am Hafen von Dedeagatſh.

Rumänien war nächſt Griehenland den Plänen des Vierverbandes no< am meiſten geneigt, obwohl mit ihm ein ähnlicher Vertrag wie der Dreibundvertrag mit Jtalien beſteht. Rumänien handelte ſogar offen feindlih gegen Deutſchland und Öſterreih-Ungarn durch das Verbot der Ausfuhr vou Getreide und Petroleum und no< mehr durh die Unterbindung der Munitionszuſuhr für die Türkei. Rumänien in erſter Linie iſt es zuzuſchreiben, wenn die Engländer und Franzoſen überhaupt no< ernſthaft feindſelig auf Gallipoli auftreten fönnen, weil es die Zentralmächte gehindert hat, den Türken mit ſ<weren Geſhüßgen zu Hilfe zu kommen. Nunmehr ſcheint aber auh in dieſem Balkanſtaat der tote Punkt überwunden zu ſein. Das Ausfuhr= verbot für Getreide und Petroleum iſt bereits gemildert. Fürſt Hohenlohe - Langenburg iſt au< in Bukareſt vom Hofe und von der Regierung mit Auszei<hnung emp=fangen worden, und demnächſt ſoll in Bukareſt eine türtiſhe Kommiſſion eintreffen, um die Regelung der zwiſchen beiden Staaten \hwebenden Fragen zu be=ſprehen. Das Rätſel, das die noh niht in den Kampf gezogenen Balkanſtaaten bisher geweſen ſind, löſt ſi — und mehr in einem für die Zentralmähte günſtigen

inne.

Das iſt einer der bedeutendſten mittelbaren Erfolge unſerer gemeinſchaftlihen großen Erfolge, namentli<h der Befreiung Galiziens und der erneuten Angriffsbewegung gegen die ruſſiſhen Heere. Wir können auc für dieſe unblutigen Siege auf dem Balkan unſeren Feldgrauen von Herzen dankbar ſein. Nicht dur<h gemeine, mit Mordanſchlägen verbundene Intrigen führen wir unſere Sache zum Siege, ſondern dur den ehrlihen Wagemut und die unbeſiegbare Kraft und Äusdauer unſerer zum Schuß von Herd und Heim ins Feld gerüd>ten wehrhaften Männer.

(Fortſeßzung folgt.)

>

——— EE

2 ae Militäriſche Anſichtſkizze des franzöſiſchen Angriffs auf Marchéville von einer Beobachtungswarte aus. /

Man ſieht die Franzoſen angreifen, während die deutſhe Grabenbeſaßung infolge der Shhußſchilde und Sandſactſchießſcharten faſt unſichtbar iſt. Nach der Zeichnung eines mitkämpfenden Offiziers. >