Illustrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/15.

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hatte, thr näherzutreten, in vollem Beſih überlegender Ruhe, die ſi in Marer Beurteilung der Lage ausdrüd>te. Überall war zu erfen= nen, Daß die Rükzüge den Angriſfsgeiſt niht ertötet hatten. Es war, wie ih es vorher vermutet hatte und wie ſi. beim Durhbruh im Mai in Weſtgalizien zeigte, die Luſt zum Angriff lebendig geblie=z ben. Die Perſönlihkeit des Generalſtabs<eſs, des jeßigen General= oberſten Conrad v. Hößendorf, mate den Eindru> vollkommener Beherrſhung des Willens und der Nerven. Ih gewann die Überzeugung, daß ſein Kopf die ungeheure Zahl des ruſſiſhen Heeres zu Öſterreihz-UngarnsGunſten aus-= gleihe. Dem Erzherzog Friedrih, dem Oberſtkommandierenden auf der langen Kampffront von der Pilica în Polen bis zur beſſarabiſhen Grenze, kann man nahſagen, daß ex eines der ſeeliſhen Elemente des Krieges în der umfaſſendſten Fürſorge für ſeine Truppe erkannt hat.

So war für den Feind und ſelbſt für den deutſ<hen Verbündeten die unerhoſſte Stärke des öſterreihiſ< -ungariſhen Heeres eine der größten Überraſhungen dieſes an unerwarteten Dingen ſo reihen Krieges. Jn der harten Schule des Kampfes ums Daſein hat das Heer überraſchend ſ<nell gelernt, und der eiſerne Kern der Völker der Doppelmonarchie iſt aus ſeiner Hülle hervorgetreten.

Niederlage der Nuſſen am Karadagh im Kaukafus. (Hierzu das nebenſtehende Bild.)

Ebenſowenig Erfolg wie den verbündeten Franzoſen und Engländern vor den Dardanellen wurde den Ruſſen auf dem faufaſiſhen Kriegſhauplaß zuteil. Seit ihr erſter, Anfang November 1914 unternommener Vorſtoß auf die türkiſhe Feſtung Erzerum, den Schlüſſel zu Armenien, fehlſ<lug, und ſie bei Köpriföj eine <hwere Niederlage erlitten (vgl. Band Il Seite 110), beſhränkten ſih die Ruſſen darauf, ihre Stellungen längs der türktiſhen Grenze zu befeſtigen und ſih in der Verteidi= gung zu halten, während die türſchen Truppen überall erfolgreich vordrangen und ihrerſeits Arme=nien vor einem feindlihen Einfall ſchütten. Die ruſſiſ<hen Truppen, deren Verpflegung in dem rauhen, unwegſamen Gebirgslande viel zu

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wünſchen übrigließ, und die keine Verſtärkungen mehr erhalten hat- | ö ten, ſeit die ruſſiſhe Heeresleitung alle verfügbaren Streitz

kräfte in den KRarpathen und ſpäter in Weſtgalizien brauchte, -

befanden ſi< în ziemlih entmutigter und ſ<le<hter Verfaſſung, als ſie im Laufe des Juni von den Türken im Grenzgebiet von Olty, nördlih von Erzerum, angegriffen wurden. Die Ruſſſen hatten hier die Höhenzüge des Karadagh beſeßt, um die von Türkiſh- Armenien nach Tiflis und Batum führen= Den Karawanenſtraßen zu beherrſchen und ſih die Verbindung mit der Feſtung Kars und den übrigen Feſtungen und

Städten hinter der Front zu ſihern. An den kahlen, baum=und pflanzenloſen Abhängen des ſteilen Gebirges hatten die Ruſſen ihre Geſhüße und Maſchinengewehre in Auſſtellung gebracht. Koſakenpatrouillen waren von hier aus ins Tal vorgedrungen und hatten die umliegenden Dörfer gebrandſhaßt und geplündert. Auf türkiſcher Seite hielt man ſi< zunächſt zurü> und beſchränkte ſih darauf, den Plünderern Kavallerie na<hzuſchi>en und ihnen das geſtohlene Gut wieder abzujagen. Erſt als die ruſſiſ<he Jn-

Nückzug der FL oberung ihre auf dem Kara: im Kaukaſus à. Fiſche Armee (8: Nach einer Drigÿt-

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