Illustrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/15.

- ſtellungen damals zwiſchen

190 Jlluſtrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/15.

Prasznysz und bei Kolno klargemacht hatten, daß die preußiſhe Grenze für ihn niht mehr überſchreitbar war, befanden wir uns auf ruſſiſhem Gebiet in den Gouvernements Plock

und Lomſha in der Verteidigungſtellung. Jn gut aus-

gebauten Erdwerken hielten wir uns den Gegner vom Leibe. Sonſt aber hörte man aus dieſem Kampfgebiet nur immer, daß die Lage unverändert ſei.

Kurz nahdem in den Julitagen Generalfeldmarſchall v. Hindenburg auf dem Poſener S<hloß mit dem Kaiſer und dem Chef des Generalſtabes, General v. Falkenhayn, zu wihtigen Beſprehungen zuſammengetroffen war, fam Leben in die deutſhe Stellung zwiſhen Mlawa und Kolno. Zunächſt ereigneten ſih lebhafte Zuſammenſtöße in einigen Abſchnitten der Bobr- und Narewfronr. Dieſe gewaltige ruſſiſhe Verteidigungſtellung mit ihren ſieben ſtarken Brü>enköpfen zwiſhen Oſowiec und Nowo-Georgiewsk gab den Ruſſen die größte Zuverſicht, ihre wihtige Zentralſtellung zwiſchen Weichſel und Bug unbeläſtigt dur< einen deutſhen Vorſtoß von Norden zu ſehen. Es ſollte anders fommen. Zunä<hſt ließ : General v. Gallwißz, dem auf dieſem Flügel von Generalfeldmaxrſhall v. Hindenburg der neue Angriff anvertraut wax, die Werke von Oſowiec am Bobr aufs neue unter heftiges Feuer nehmen. Der [<hwer zugänalihe Brücenkopf hat ſeit Auguſt vorigen Jahres ſtarken Angriffen widerſtanden. Die Ruſſen verlegten ihre Artillerie-

Wälder und Sumpſfſtre>en und ſperrten den nächſten Weg auf den CEiſenbahnfnotenpunft Bieloſtofk.

Gleichzeitig mit dieſer Einleitung des Angriffs fegte ein mähtiger Vor\toÿ bei Kolno, Prasznys3z und Mlawa ein. Südlich und ſüdöſtlih von Mlawa hatten die Ruſſen ihre Stellungen auf das raffinierteſte ausgebaut. Sie ſchienen uneinnehmbar. Aber in glänzendem An=ſturm nahmen unſere Re=gimenter glei<h Drei hintereinander liegende ruſſiſche Linien, die den Raum zwiſchen Mlawa und Pras3znysz ſperrten. Hier war es au<, wo die Ruſſen, um das ihnen drohende Verderben abzuwenden, ihre 14. Kavalleriebrigade (ein Regiment Koſaken und ein Huſarenregiment) den Deutſchen entgegenwarfen. Dieſe ließen, in einem Kartoffelacer liegend, die ruſſiſ<hen Reiter bis auf 300 Meter herankommen und eröffneten dann ihr Schnellfeuer, das die Vernichtung faſt der geſamten Brigadé zur Folge hatte (ſiehe die Kunſtbeilage). Prasznysz, das von Januar bis April ſ<hwer umſtritten war und mehrmals den Beſiker wechſelte, wurde von .uns beſegt. Ein breiter Teil der ruſſiſchen Front mußte weihen und zog ſi auf die vorbereitete Stellung zurü>, die längſt zwiſchen Ciehanow und Krasnoſielc ausgebaut war. Aber nur einen Tag durften die ‘Feinde dort ſih erholen, dann nahten ſhon wieder die angreifenden deutſchen Truppen und erzwangen den weiteren Rüczug auf den Narew.

Zu derſelben Zeit, in der unſer Vorſtoß im Raume von Mlawa—Prasznysz begann, ſeßte er au< im Raume von Kolno ein. Ex nahm ſüdweſtlihe Richtung und betätigte ſich bei Nowogrod. Tauſende von Ruſſen wurden gefangen genommen, und dann marſchierte General v. Scholß, indem er fliehende Ruſſen vor ſih hertrieb, auf den KanonenDonner zu, der vom linken Flügel dex bei Krasnoſielc

Zwei Kriegsfreiwillige aus Bayreuth.

fämpfenden Truppen zu ihm herüberklang. Auf dem Sthlachtfelde wirkten die vorher getrennt geweſenen Kolonnen der Deutſchen zum Enderfolg zuſammen. -

Schon am nä<hſten Tage wurde die Verfolgung der zum Narew abziehenden Ruſſen fortgeſeßt. Es waren deutſche. Reſerve- und Landwehrtruppen, die den hartnätigen Widerſtand der ruſſiſhen Nahhuten in dem wilden Waldund Sumpfgelände nördlih des Narew gebrochen haben. So erreichte die Armee Gallwiz am 18. Juli ſhon die Narewlinie auf dem Raume ſüdweſtlih von Oſtrolenka bis Nowo-Georgiewsk. Sämtlihe Brüc>enköpfe der Narewlinie wurden von uns umflammert und die ruſſiſchen Vorſtöße blutig zurückgewieſen. Zunächſt gelang es bei Roſhan, dem Gegner näher auf den Leib zu rü>en, dann ſahen die Ruſſen die Ausſichtsloſigkeit ihrer Gegenſtöße ein und ließen ihre Feſtungen Roſhan und Pultusk im Stich, nachdem ſie vorher verſu<ht hatten, unſerem- leßten un-=widerſtehlihen Anſturm ſtandzuhalten. An dieſen beiden Stellen wurde ſofort der Übergang über den Narew ins

Werk geſetzt, und ſhon am

24. Juli konnte der Fluß auf der ganzen Front von ſüdli< Oſtrolenka bis Pulz tusf überſchritten werden. Die zuerſt hinübergegangenen Truppenteile blieben im fortwährenden Vor=marſh und näherten ſi an demſelben Tage bereits dem Bug. Unterdeſſen blieben die no< auf dem nördlihen Narewufer kämpfenden deutſchen Truppenverbände ni<t müßig. Am 26. Juli erzwangen ſie au<h oberhalb Oſtrolenka den Ubergang. Was bereits an deutſchen Kolonnen am ſüdlichen Narewufer ſi<h befand, drängte den Feind unaufhaltſam gegen den Bug. Der re<hte Flügel der Armee Gallwiß umfklammerte, während Mitte und linker Flügel den Narew überſchritten, von Tag zu Lag ſeſter die große Verteidigungsanlage von Nowo-Georgiewsf Und Segrſhe. Dadur<h wurde die Behinderung unſeres Vordringens gegen den Bug für die Ruſſen. unmögli. 5

Die Arbeit der Armee

X Gallwiß kann niht für E Pho Berl. Zlluſtrat.-Geſ. m. B60. ſich allein betrachtet WEV= den. Sie ſteht in engen — __ Zuſammenhang mit dex übrigen großen ſtrategiſhen Umklammerung der ruſſiſchen Zentralſtellumng zwiſhen Weichſel und Bug. Aber die Armee Gallwiß hat in wenigen Tagen zu dem End=-. erfolg, an dem wir niht zweifeln dürfen, weſentlich beigetragen. Durch ſie iſt die Bahnſtre>e WarſchauBieloſtok, eine Rü>zugslinie für die Ruſſen, unmittelbar bedroht. Durch ſie iſt die verhältnismäßig widerſtandsfähige ruſſiſhe Narewarmee mehrfach empfindlich geſchlagen. Durch ſie iſt das Hindernis des Narew in kühnem Anlauf beſeitigt, ſo daß die Einklammerung der Ruſſen zwiſchen Warſchau und Breſt-Litowsk eine viel engere wurde. Die Führung hat ihre Aufgabe in vollendeter Weiſe gelöſt, und die Truppen haben dur< Mut und Ausdauer den tattiſhen Erfolg in kurzer Zert errungen und dabei eine Beute ge- macht, die in dieſer Kampſfperiode unſer öſtliher Feind niht exſeßen kann. Bis Ende Juli hatten wir 45 000 unverwundete Gefangene, 14 Geſhüße und 135 Maſchinengewehre erbeutet. Die blutigen Verluſte der Ruſſen dürften, e Erfahrungſäßen berechnet, die Zahl 100000 erreicht haben. ; —