Illustrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/15., page 486

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Band dieſes Beutels, trägt er auf der Bruſt einen browningartigen Revolver. Jm Gürtel befindet ſi ein langes Meſſer

in der Scheide. Die Tätigkeit dieſer Grenadiere, auſ DIE

die Bewaſſnung natürli zugeſchnitten iſt, beſteht darin, die feindlihen Unterſtände na<h einem Sturm mit Handgranaten zu bearbeiten, um die Beſaßzung zu töten oder gefangen zu nehmen. Ferner gehört dazu das ſ<hnelle Entwafſnen der Überrumpelten, um ſie nah rüd>wärts zu bringen. Die nämlihen Aufgaben fallen ſelbſtredend auh unſeren deutſhen Soldaten beim Stürmen dex feindlihen Gräben zu. Doch iſt bei uns jeder Infanteriſt mit den neuen Kampfarten vertraut, ſo daß wir niht nötig haben, wie die Franzoſen „beſonders intelligente Leute von raſcheſter Entſchlußſähigkeit, höchſter körperlicher Gewandtheit und tühnſten Gedanken“ in beſonderen Regimentern Zu vereinigen.

Was uns jedo< an der neuen franzöſiſchen Ausrüſtung am meiſten feſſelt, iſt ihre Kopfbede>ung. Das Käppi iſt dem Adrianſtahlhelm gewihen. Über 21/2 Millionen

dieſes 670—750 Gramm [<weren Helmes ſind bereits im Gebrau<. Auch die Trümmer der belgiſhen Armee haben einige geſchenkt bekommen, mit einem Löwenkopf ſtatt der ſranzöſiſhen Granate. Die Abbildungen 1—6 auf Seite 415 geigen Helme, die nac franzöſiſhen Mitteilungen ihren Trägern das Leben gerettet haben, indem die Beſißerniht getötet,

ſondern nur verwundet wurden. Man ſieht deutli, daß die deutſchen Geſchoſſe beträhtlihe Löcher in die Helme geriſſen haben und teilweiſe die Wand als Querſchläger dur<hſchlugen. Was die franzöſiſhen Zeitungen über die neue Kopſbede>ung niht ſchreiben, iſt, daß viele Franzoſen den Helm für faſt wertlos und wegen ſeïnes hohen Gewichtes für hinderlih halten. Obwohl zugeſtanden werden ſoll, daß er einen gewiſſen Shuß — beſonders gegen Prellſchüſſe — bietet, ſo ſind die Abbildungen kein Beweis für die Güte des Helmes. Es ließen ſih ſicher auh ſe<s Taſchenuhren, Lederhelme und dergleihen photographieren, die als Lebensretter wirkten. Lediglih auf Trefferprozente fommt es an! Dieſe Angaben fehlten jedoch im franzöſiſhen Artikel der „L'Jlluſtration“.

¿Fünfzehn Minuten Gefechtspauſe. (Hierzu die Kuuſtbeilage.)

Herrſcht auh allgemein an der Front dex Brauch, in Gefechtspauſen die Opfer der Kämpfe rüdſihtsvoll zur leßten Ruhe zu betten, ſo iſt es doh dort, wo ſich die vorderſten Schüßengräben zu nahe gegenüberliegen, niht immer möglich, die Bergung der Gefallenen ſogleih vorzunehmen. Ließe man da den Gegner aus ſeinen De>ungen ungeſtört herausfommen, ſo würde ſhon die natürlihe Höhe des Menſchen genügen, in die feindlihen Stellungen einen Einbli> zu gewinnen. Troßdem bekommt auch in ſolhen Fällen niht ſelten das rein menſhlihe Gefühl die Ober-

Eines der in Newo-Geoorgicwsk erbeuteten 9ohre von ruſſiſchen 28-cm-Geſchügen, die noch niht aufgeſtellt ivaren, als die Feſtung in die Hände der Deutſchen fiel.

hand über die ſoldatiſhe Klugheit, und es entſtehen ohne

vorhergehende Vereinbarung von ſelbſt Gefehtspauſen, in

denen ſih die Gegner vereint um die Verwundeten Und Gefallenen bemühen. Ein ſolcher Vorfall ſei hier na<h dem Feldbrief eines Landſturmmannes aus Düſſeldorf=Oberkaſſel

geſchildert, den er nah einem der ungemein heftigen An-

griffe während der großen _engliſ<-franzöſiſ<hen Offenſive

im September-Ofktober 1915 an ſeine Frau ſchrieb:

„Als es Mittag wurde, ſezte Trommelfeuer von unbeſhreibliher Gewalt ein. Wir rehneten damit, daß unſere 9. Kompanie im vorderen Graben einer ſolhen Sölle unmögli<h ſtandhalten könne; deshalb eilten wir, als dann das Sperrfeuer einſeßte, ſofort an unſere Bruſtwehxr, jeder mix ein paar Handgranaten verſehen. Aber unſere Neunte hielt heldenmütig aus und ſ<hlug no< den erſten nun folgenden Angriff glatt ab. Danah wurde ſie verſtärtt,

_\<ließlih ganz abgelöſt, während wir na< vorn geholt

wurden. Da die Franzoſen ſi<h jezt ruhiger verhielten, tonnte, während die eine Hälfte von uns ſ<harf Ausau> hielt, Dié andere daran gehen, den völlig zuſammengeſchoſſenen Graben wieder herzurihten. Plößglih um Zwei Uhr nahts wieder wahnſinniges Trommelfeuer, daß uns Hören und Sehen verging. Alles ringsum ein Damp=ſen und Krachen — ſhauerli< ſ<hön! Unſer Vertrauen

— wu<s immer mehr, da wix viel weniger Verluſte hatten, aſs man bei dem fürhterlihen Artilleriefeuerhätte denkenmüſſen; auch gelang es, die Franzmänner, ſo oft ſie ſi<h in unſere Nähe wagten, jedesmal ſ<hon mit den Gewehren abzuweiſen, ohne daß Handgranaten nötig geworden wären. Gegen Morgen waren wix dann natürlih re<t neugierig, zu ſehen, wie es auf dem Gelände vor uns ausſah. Vor unſerem Verhau, der an einigen Stellen völlig der Erde _glei<h gemacht wax, lagen tote und verwundete Franzoſen zu Haufen. Nun wagte einex unſerer Sanitäter den Verſuch, einem S<hwerverwunde= ten vom Horchpoſten Hilfe zu bringen. Kaum : zeigte er ſi, tauchte in etwa 20 Metex Entfernung ein franzöſiſcher Arzt auf und erflärte ihm, man werde drüben niht ſchießen. Darauf gab unſer Kompanieführer das gleihe Verſprehen für uns, und nun hub ein Treiben an! Hüben und drüben heraus, wer konnte, von den vexrleßten und gefallenen Kameraden ſoviel wie mögli<h zu bergen! Ein [ran= zöſiſcher Offiziersdiener ſ<leppte ſeinen verwundeten Kapitän Turzerhand in unſeren Shüßengraben und war dann ſehr verwundert, daß er ſelber auh dableiben mußte; ex meinte in gebrohenem Deutſch, nah der Pauſe hätte doh alles wieder an die alten Pläße zurü>ehren ſollen. Sließlih wurde unſerm Kompanieführer das Gewimmel überhaupt zu gefährlih, denn jener Sanitäter, dex ſih zu= erſt herauswagte, hatte geſehen, daß die vorderſten franzöſiſhen Sappen gedrängt voll Reſerven ſte>ten. So ließ er abwinken, und alles zog ſi<h wieder in die Gräben zurüæ. Sofort ging von beiden Seiten wieder das Artilleriefeuer mit größter Heftigkeit los, und die Franzoſen ſeßten no< dreimal am hellen Tage zum Angriff an, wurden aber jedesmal wieder zgurü>geſchlagen, ſo daß ſie nux eine Menge Verluſte hatten...“ :

Ein anderes Beiſpiel, wie entgegenkommend unſere Feld=- -

Phot. Preſſe-Centrale, Berlin.

grauen oft gegen die Feinde ſind, liefert ein in der „Weſt-

minſter Gazette“ abgedru>ter Feldbrief eines engliſchen Sergeanten: „Zh hörte vor unſerem Laufgraben ſ<weres Stöhnen. Es kam von einem Bexwundeten, dex dicht an der deutſchen Bruſtwehr lag — ſeit Samstag, und jeht wax es Montag nahmittag! Er war halb tot vox Hunger und

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