Illustrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/15., page 506
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Geſchichte des Weltkrieges 1914/15. SS
ZUE
3 Uhr morgens ſ<hwamm der Honvedobexleutnant Kolo= man Pogany, den Übergang über die Brücte niht er=wartend, ükter den Bug und gelangte als ‘erſter im die Feſtung Breſt-Litowsk. Dex Brigadier General Deſidex Molnax, der erſte Stationskommandant von Breſt=-Litowsf, | teilte mir mit, daß ſeine Honveds bei Sonnenaufgang über die von ihnen und das Vaterland hoh leben laſſend, mit fliegenden Fahnen ſingend als exſte in die flammende Stadt und Feſtung einzogen. Nach Mitteilungen des Hauptmanns Baron Gayex ſtürmten die Truppen wirllih dur<h Feuer 1nd Waſſer hindur< in die Feſtung, denn „wer feinen Plaß auf der glühenden, glimmenden und ſ{<welenden Brücke fand, ſtürzte ſi<h in ſeiner Ungeduld in den Fluß und ſhwamm ſo na< dem anderen Ufer hinüber“. Am Morgen des 26. Auguſt erſchienen gleihgeitig mit dieſen unſeren vorgeſ<obenen Bataillonen au deutſche Patrouillen in dex Zitadelle und in dex Stadt. Die Feſtung BreſtLitowsk wax gefallen. ;
_ Nächtlicher Leitungsbau. Von Ernſt Trebeſius.
: (Hierzu das Bild Seite 433.) Regenſhwangeres, ſ<weres Gewölk ſchiebt ſi<h ohne
DEL dienſtfreien Stunden wirkli< der Ruße Dilegen önnen, ſtatt wie bisher hinaus zu ziehen und in mehr oder minder heftigem Granaftfeuer unſere Leitung zu fliden. E
Dieſer Gedanke verſöhnte uns denn au< einigermaßen
mit dem Geſchi>, das uns nun ſhon die vierte Naht zum
i Leitungsbau verurteilte. Weniger verſöhnlih betrachteten ſelbſt geſ<lagene Brü>e, den König |= |
die 200. Kameraden von dex Infanterie, die uns zux, Unterſtüßung beigegeben waren, die ganze Angelegenheit. Kamen ſie do gleih uns um den erſehnten Nahtſhlaf. Zudem hatten ſie in all den Monaten des Stellungskrieges ſhon ſo viel gebuddelt, mußten auc jeßt no ſo oft zum Spaten greifen, daß man es ihnen wohl na<fühlen fonnte, wenn ihnen das Ausheben des zwei Meter tiefen Grabens, in das wir unſer mit einer Bleibewehrung vexſehenes Kabel verlegen wollten, feinen ſonderlihen Spaß bereitete. Doch ob mit Spaß oder Verdruß, das Kabel mußte in die Erde
‘verlegt, der Graben alſo notwendigerweil|e ausgehoben
WwerDen.
Es war ein hartes Stü> Arbeit. Langſam nur famen wir voran. Spaten und Kreuzha>en waren jede Nacht bald ſtumpf und mußten dann bis zum Tagesgrauen in dieſem Zuſtand weiter benußzt werden, was der Förderung Des Baues wenig zuträgli< war. :
Noch war alles gut gegangen. 41s Kilometex Bleikabel lagen ſhon, gut eingebettet und mit zwei Meter ſhüßender,
Unterlaß über die Höhen und Täler der Aisne. Launiſh, | feſtgeſtampfter Erde beded>t, auf der dur< Granattrichter ſprunghaftwie eine : / zerfeßten, dux< den Kaße greiſt de FE E = SS — Schwefel der GeWindsbraut hinein | \choſſe gelblihgrün in die naſſe Luft, gefärbten Walſtatt. reißt rieſige Feßen Keine 500 Meter heraus aus dem mehr, und die eilenden, fliehen- Stre>e iſt vollenDen Element, det. Die gefähxr-
\hleudert ſie auf - und nieder in ne>iſchem Spiel. Klat[hend ſ<lagen die naſſen Blätter und Zweige gegeneinander. Di>e Tropfen raſſeln hernieder ins feu<hte Gras. Dichte, undur<hdringlihe Finſternis hüllt Wald und Wieſen ein, legt ſih bleiern auf die Sinne und erwed>t heiße, leidenſhaftlihe Sehnſucht nach einem warmen, woh-
liſte Stelle allerdings, dieſe 500 Meter. Die meiſten Leitungſtörungen hatte ſie uns bishex gebraht. Die Lauſfgräben zu Un=ſexen vorderſten Stellungen kÜreuzten die Stre>e. Grund genug, daß ſih das feindliche Artilleriefeuer Tag und Nacht gegen ſie richtete. Bei Tage wäre das Eingva= ben des Kabels eine Unmöglichkeit, ein törihtex Selbſtmord geweſen. Aber
ligen, tro>enen Lager.
Doch wir müſ= : fen eine Fernſprehleitung bauen. Jett, zur Nachtzeit. Denn am Tage wäre das ein Unding. Wieder, immex wieder und immer wieder hatte uns der Feind die Strippe zger¡choſſen. Unverdroſſen hatten wir die Leitung Wochen hindux< dann ſtets wieder gefli>t, an Stelle des ſo oft zerſchoſſenen und ſo oft wieder gefli>ten Kabels ein neues eingebaut. Doch die feindlihen Geſchoſſe fragten nihts na< unſeren Nöten. Auch das neue Kabel ſah bald wieder aus wie ein Stri> mit vielen Knoten. Dazu die unaufhörlihen Schexereien und Betriebsſtörungen, die natürlih gerade dann auftraten, wenn die Leitung am notwendigſten gebraut wurde. Es half alles nichts. Die Leitung mußte no< einmal — zum drittenmal — neu gebaut werden.
Diesmal jedo<h wollten wir den rüdſihtsloſen Granaten ein Schnippchen ſ<lagen. Wir waren dur ſie gewißigt. Die Leitung, die wir diesmal zu bauen aus zogen, ſollte uns ſo leiht fein feindlihes Geſchoß mehr zerſtören. Mit einer Panzerung wollten wir unſer Kabel verſehen, an der fih auh die di>bauchigſten und härteſten Granaten verz gebli< verſuchen ſollten. Freilich, ein hartes Stü> Arbeik wird es werden diesmal; doh dafür wird es dann au< ganze Tage und Nächte, ja Wochen geben, in denen Das gefürhtete, verhaßte Wort: „Unſere Leitung iſt zerſtört !“
Explodierte franzöſiſche 7,5-ecm-Granafte.
waren die vorderſten Stellungen ohne
ſtänden in dieſer Nacht noh
niht mehr an unſer Ohx dringen wird, wo wix während
Phot. Berl. Jlluſträt.-=Geſ. m. b. H.
au< zur Nachtzeir i "war man keinen
Augenbli> ſichex vor feindlihen Geſchoſſen. \ 300 Meter haben wir no< zu bauen. Die Stre>e ſoll
in dieſer Nacht, dex ſiebenten, noch fertig werden. Untex allen Umſtänden. Mehx als zweidußendmal iſt ſeit Baus beginn unſer oberirdiſches Kabel zerſchoſſen worden. Zwei Tote und drei Shwerverwundete hat das Zuſammenfliden der Leitung unſerem Zuge gekoſtet. Stundenlang telephoniſhe Ver=Dieſer unexqui>=
bindung mit dem Generalſtab geweſen. Untex allen Um=-
lihe Zuſtand mußte ein Ende nehmen.
Die 200 buddelnden Jnfanteriſten ſind dur 50 Pioniere verſtärkt worden. Emſig, unverdroſſen, kaum verſchnaufend, . graben und piden die Wa>eren drauf los. Die feindlihe Artillerie \<weigt ſeltſamerweiſe dieſe Nacht. Um ſo beſſer. Hin und her laufen die beiden Pionieroſſizière; hier an=ſpornend, dort Ratſchläge exteilend. Wir Telegraphiſten aber betten unſere Leitung im Schoÿ des Grabens. Behutſam, umſichtig, mik liebevoller Sorgfalt. Werfen ſelbſt die erſten, weihen Schollen nieder auf Den bleibewehrten Nervenſtrang des Feldheeres, damit kein ſcharfer Stein noch in leßter Stunde eine tödlihe Verwundung herbeiſühre. Alle, Jnfanteriſten, Pioniere und WiL Telegraphiſten, ſind ganz bei der Sache, alle gleich ſtark intereſſiert an dex glüd=