Illustrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/15.

486 dieſer Stelle an die ruſſiſhen Gräben heranpirſhte, ſtußte

plößlih und glaubte ſeine leßte Stunde gekommen; denn |

er ſah einen ganzen ruſſiſhen Graben mit Shüßen, die ihr Gewehr zum Anſchlag gegen ihn erhoben zu haben ſchienen. Sie ſchoſſen aber niht. Bei näherem Zuſehen ſtellte ſich heraus, daß es fünfzig dihtſtehende Ruſſen waren, die ſamt und ſonders dur< Kopfſhüſſe den Tod gefunden hatten. Ein Angriff, den die Ruſſen nah fur<htbarem Wirbelfeuer am 9. Novembex bei Kefkfau unternahmen, mißglü>te vollſtändig. An einer Stelle gelangten ſ<wahe ruſſiſhe Truppenteile an die deutſhen Drahtverhaue, waren dort _aber ſehr bald mit dem Bajonett niedergemacht oder vertrieben. Jn den nächſten Lagen mußten die Ruſſen ihre ergebnisloſen Gegenangriffe aber vorläufig einſtellen. Vor

Czartorysf hatte es indeſſen faum einen ruhigen Tag ge=- .

_ geben. Der Erfolg war immer auf ſeiten der verbündeten Truppenteile, die dort faſt Tag für Tag mehrere hundert Gefangene und einige Maſchinengewehre erbeuteten. Der Gegner ging dort allmähli<h zu völkerre<htswidrigen Hilfsmaßnahmen über, die ſir die _ - e dabei Betroffenen natürli im= mex von den ſ{<limmſten Folz gen begleéitet ſein mußten. So fing man hinter dex öſterreihiſ<h-ungariſhen Putilow=fafront eirien Offizier des ruſe ſiſhen JInfantexrieregiments Nr. 407 ab, dex ſih in öſterreihiſ< -ungariſher Uniform dur< die Linien geſ<hlihent hatte, um ſi< als Spion zu betätigen. Am Kormin WU: den auh ruſſiſ<he Hor<hpatrouil“Ten in öſterreihiſ<h-ungariſher Uniform entde>. Ebendort, füdli<h von Garymowfa, machte eine Offizierspatrouille au< einmal wieder die lraurige Be=“pbahtung, daß ruſſiſhe Truppen öſterreihiſ<h=-ungariſhe Verwundete ermordet hatten. Vom 13. November an überließen „die Verbündeten den Ruſſen niht mehr die günſtigen Gelegenheiten, die ein rihtig und glü>li<h dur<hgeführter An“griff ſchaffen kann, ſie führten vielmehr au< an dieſem Teile der Front wieder ſelbſtändige Angriffe aus und brachten bei einem Einbru<h în die feindlihe Stellung nordweſtli<h von Czartorysf 1500 Gefangene und 4 Maſchinengewehre ein. Wie gut der Augenbli> für dieſe : eigenen Vorſtoßverſuhe ge- 5 = wählt war, bewies der große Erfolg, den ſie am 14. No=- i : vember bereits errangen. Die verbündeten Truppen griffen den Feind auf der ganzen Front des Styrbogens, deſſen - weſtlihes Ufer er noh beſeßt gehalten hatte, mit großer Gewalt an und warfen ihn über den Fluß zurü>. Auf dem Rückzuge gaben die Ruſſen ihre endgültige Niederlage ſelbſt dadurch zu, daß ſie alle Ortſchaften in. Brand ſte>ten zum deu lihen Zeichen, daß ſie vorläufig niht daran denen fonnten, wiederzukommen; darum wollten ſie na< ihrer Weiſe wenigſtens dem Gegner das Vordringen nah. _ Möglichkeit erſ<hweren. E Damit waren vierwöchige zähe Kämpfe. für die verbündeten Heeresförper unter dem Oberbefehl des Generals v. Linſingen ruhm- und exfolgreih entſchieden. Die mit _ſo großen Hoffnungen begonnene Angriſſsbewegung der Ru'ſen war vollſtändig in ſi<h zuſammengebrochen; der Gewinn hatte vollſtändig hergegeben werden, ſtellenweiſe ſogar no< Gelände geräumt werden müſſen. Das Weſtufer von Strypa und Styx war von den Ruſſen, die mit ſeiner Beſeßung ſhon den erſten erfolgreihen Schritt zum Durhbru<h getan zu haben glaubten, niht zu halten geweſen. Zum zweitenmal hatte General v. Linſingen den rührigen ruſſiſhen Heerſührer Jwanow ge=-

Illuſtrierte Geſchichte des Welikrieges 1914/8

ſhlagen. Die erſte Auſgabe, die er mit Geſhid& gelöſt hatte, war, wie wir ſahen, dié Sicherung des ſüdlichen Pripet-gebietes. Koſafenhorden hatten dort die bei der Umgruppierung gegen Serbien eingetretene Lo>erung der Verbindungen zwiſchen den Heeresteilen der Verbündeten zur Überflügelung benußt und waren ſogar teilweiſe bis Kowel geſ<wärmt. Linſingen hatte aber gar bald die ſüdlihen Sumpfgebiete wieder geſäubert und ſih jezt au< der Verhinderung des Jwanowſhen Durhbruchsverſuches an Strypa und Styx, einer ungleih ſ<hwierigeren Aufgabe, gewachſen gezeigt. Das hatte ihm der Gegner, der mit ſtark überlegenen Kräften auf einem ihm bis “ins einzelne befannten Gelände gefämpft hatte, beſonders am Styr wahxrli<h niht leiht gemaht. Dazu kam, daß Linſingen dort vier ruſſiſ<hen Armeekorps und zwei ruſſiſhen Kavalleriediviſionen. mit weit [Gwächeren Kräften gegenüberſtand. Ex verfügte über eine oſtpreußiſhe und eine ïfur-

4 beſſiſhe Diviſion im Südbogen des Styr; im Zenlrum

“ſtanden öſterreihiſ<h-ungariſhe Diviſionen, im Nordbogen - E S die polniſhe Legion, und als Verſtärkung ſtand nur no< die zehnte öſterreihiſ<h - ungariſche Kavalleriediviſion zu Gebote. - Mit großèm Geſchi> hatte Iwanow den Durhbru< auf der Bahnlinie Kiew — Kowel “angeſeßt, die die Kräfteverſchiebung weſentli exleihterte und einen etwaigen Erfolg vorzüglich hätte ausnußen laſſen. Er hatte ſih für ſeinen Durchbruchsverſuh am Styx in jeder Beziehung den deutſhöſterreihiſh-ungariſhen Dunas jecdur<bru< unter Ma>enſen zum Vorbilde gewählt. Wähsrend ſeine Artillerie ſi< auf vorher ermittelte Ziele genau einſhießen mußte, ſ<hafſte er heimli<h große Truppenmaſſen heran und zog ſie an geeigneten Punkten zuſammen. Als er au das Überſchiffungs- und Brücenmaterial wohlvexrſte>t im Uferſchilf zur Stelle hatte, wagte ex den Übergang. Unter dem Sperxfeuer ſeiner ArtilTexie war ex an drei Stellen gleichzeitig über den Strom “ vorgegangen: im Südbogen 2 Kilometer unterhalb Czartorysf bei der Kolonie Koßglieiczy, im mittleren Teil längs der genannten Bahnſtre>e und _im Nordbogen 2 Kilometer unterhalb - der Brücke von Rafalowkla bei SobienszezyÜ. Die gewaltige ruſſiſche Übermacht konnte die dünnen deutſhen Sicherungslinien leiht abdrängen. Mit was für Gegnern er aber zu tun haben werde, zeigten ihm zwei opfermutige deutſ<he Kompanien, die bei Nowoſielki einen kühnen. Gegenangriff gegen fünffah überlegene feindlihe Kräfte machten, ihnen mit Kolben und Bajonett große Verluſte beibrahten und unter Mitnahme von 700 Gefangenen nur Schritt für Schritt gurüd>wichen, ſo die ſonſt vielleicht eingetretene völlige Zerreißung der deutſhen Front verhindernd. Es war aber niht gu vermeiden geweſen, daß der übermächtige Feind ſi allmählih ſüdli<h der Bahnlinie bis auf 15 Kilometer über den vorgeſchoben hatte. Wir ſahen, daß er bei Komarow, das von ſ<hwachen deutſchen Kräften tagelang gehalten wurde, bis in die deutſche Artillerielinie eingedrungen war. Die zahlenmäßige Unterlegenheit halte im Nordbogen zu ähns lichen Verhältniſſen geführt. Linſingen hatte nun zunächſt dafür Sorge getragen, daß die Flußufer im Norden und îm Süden an den Flügeln zurü>gewonnen und ſo wieder eine natürlihe Sicherung der Flügel geſchaffen wurde. Dann wurde planvoll zur Eroberung der einzelnen Dörfer und feſten Punkte im Styrbogen geſchritten und der Gegner allez mählih auf ſeinen Brückenkopf zurückgedrängt, der um die

: zZ Phot, Photothek, Berlin, Wie ſerbiſche Zivilgefangene ausfehen.

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