Illustrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/15.

_Jlluſtrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/15.

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Die Jtalienex rü>ten alſo zu dem denkbar günſtigſten Zeit-

punkt in den Kampf. So „ſiegten“ ſie in Südtirol dur _die Beſetzung von Condino (weſtli<h des Gardaſees), weil ihnen der Beſiß dieſes Ortes niht ſtreitig gema<ht wurde. Am Padonpaß, nordöſtli<h der Marmolada (Südtiroler Dolomiten, genauer Faſſaner Alpen), wurde aber geſchoſſen. “Das war für die Jtaliener das Zeichen zur Flucht. An dex Kärntner Grenze griffen ſie an, mußten ſih dann aber Zurüdziehen, wobei ſie ihre mangelnde Kriegserfahrung mit bedeutenden Verluſten bezahlten. Weſtlih des Plöken (Kärnten, Karniſhe Alpen) flohen ſie wie einſt in Abeſſinien und mehrfa< in Libyen mit Preisgabe der die Flucht hemmenden Waffen. Jm Küſtenlande am Iſonzo zeigte ſih bis dahin nur italieniſhe Kavallerie. Am 26. Mai begann

die ſ<were Artillerie der Jtaliener an der Tiroler Grenze ſüdöſtlih von Trient eine Beſchießung der gegneriſhen Be_fFeſtigungen mit ſ<hweren Kalibern, do< ohne Nugzen. An dieſem Tage vernihtete die Grenzwaht durch Maſchinen=gewehrfeuer zwei italieniſhe Kompanien bei Caprile, einem Halieniſhen Ort öſtlich der Marmolada am Codevole (ſiehe

. «Generalmajor Dr. Karl Bardolff, Generalſtabs<ef der ziveiten öſterreichiſh-ungariſchen Armee.

auh Seite 39). Der Verſuch, an dieſem Tage die küſtenTändiſche Grenze zu überſchreiten, wurde mit ſo unzureichen‘den Mitteln und ſo ſorgſam taſtend unternommen, Daß Tehr ſhwae öſterreihiſ<h-ungariſhe Kräſte mühelos zurüd-

wieſen. Schließlih merkten ſelbſt die Jtaliener, mit wie

ſ<hwahen Kräften von Gendarmen und Beobachtungs‘patrouillen ſie faſt überall zu tun hatten, und beſegten am ‘nächſten Tage mutig die Tiroler Grenzorte Ala an der Etſch “und Primöòr (au Fiera di Primiore) an einem linken Neben‘fluß der Brenta. Am 29. Mai kam es auh im Küſtenlande zu fleineren, aber lebhafteren Zuſammenſtößen. Bei _Karfreit am mittleren Jſonzo, ſüdöſtlich des Krn, wurde ein ‘italieniſhes Bataillon zerſprengt, ein Angriff größerer itaTieniſher Abteilungen bei Plava am Jſonzo nördli<h Görz “mutvoll abgewieſen. Am 830. ſeßten die Jtaliener ihre Übergangsverſu<he am Jſonzo fort, ſo bei Monfalcone, wo Tie aber ebenfalls zurü>gewieſen wurden.

An demſelben Tage griff ein Alpiniregiment öſterreihiſhe -

Stellungen auf der Hohfläche von Lavarone (nordöſtlih von “Roveredo an der Etſch) an, ohne weiteres Ergebnis als blutige ‘Verluſte (vgl. Band II Seite 471). Schanzungsverſuche bei ‘Paneveggio (ſüdlih der Faſſaner Alpen an einem linken

ihn |

-Nebenfſluß des Aviſio) wurden na<h Störung dur öſter-

reichiſh-ungariſhe Patrouillen ſofort wieder aufgegeben. An faſt allen genannten Punkten ereigneten ſih au< in den folgenden Tagen leihte Gefechte, die den Jtalienern feinen wirklihen Erfolg brahten; nordöſtlih Karfreit, bei Verſuchen zur Erzwingung des Krnxückens, erlitten ſie ſogar beſonders \<were Verluſte. - i

So ließ ſhon die erſte Kriegswoche erkennen, daß das italieniſhe Vorgehen keineswegs von einem fühnen Angriffsgeiſt getragen war, der allein die immerhin niht ſo

_einfahen Verteidigungſtellungen an der Tiroler UnD Kärntner Grenze und die au<h niht leihten im füſtenlän-

diſchen Gebiet hätte erſ<hüttern können, abgeſehen davon, daß die Angriffe au<h mit allzu {wachen Mitteln unternommen wurden in Anbetraht der Kriegserfahrung der Verteidiger. Immerhin waren die öſterreichiſh-ungariſhen Grenztruppen meiſt von drei- und mehrfacher Übermacht angegriffen und hatten ſi< ihrer mit rühmliher Tapfer=feit erfolgreih, ohne nennenswerte eigene Verluſte erwehrt. Von dem ſoldatiſhen Geiſt, der die Verteidiger

Phot. A. KrajewsTi, General der Kavallerie Eduard v. Böhm-Ermolli, Kommandant der zweiten öſterreichiſ<-ungariſchen Armee, .

Die Eroberer Lembergs,.

ganz erfüllte, legt das Abenteuer des Oberleutnants Emil Zeyer ein beredtes Zeugnis ab, das wir bereits auf Seite 39 mitteilten. So ermutigend dieſe Kämpfe auf unſere Verbündeten wirkten, ſo niederſhlagenden Eindru> riefen die endloſen Verwundetenzüge, die im Nu die Mailänder Lazarette überfüllten, troß aller Siegeslügen in Jtalien hervor. Allmählich griff in immer weiteren Schichten der Bevölferung eine befümmerte Stimmung um ſi<h, auf Grund

der Erkenntnis, daß es mit dem vorhergeſagten militäriſchen

Spaziergang nah Trient und Trieſt wohl nihts werden würde. So ergebnislos die Jtaliener zu Waſſer und zu Lande

im Kampf gegen gegneriſhe Soldaten aufgetreten waren,

ſo erfolgreich hatten ſie gegen wehrloſe Deutſche und Öſter= reicher bei ſi<h zu Hauſe gewirtſchaftet. Jn dieſer erſten Kriegswoche fam es beſonders in Mailand zu würdeloſen und grauſamen Überfällen des italieniſchen Pöbels auf deutſhe und öſterreihiſ<h-ungariſhe Geſchäfte, Die ge-

plündert und zerſtört wurden. Auf Deutſche, Öſterreicher und Ungarn wurde eine wilde Jagd veranſtaltet, der auh Shwei-

zer und ſelbſt Jtaliener mit deutſ<h ÜAingenden Namen zum Opfer fielen. Die Welt erhielt ein neues Zeugnis dafür,

_wo in dieſem Kriege barbariſche Taten an der Tagesordnung