Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

blauer Quaſte), ein Meſſer, ein Tuch u. dgl. Dann verkauft er jedem Gläubigen geweihtes Waſſer, undes “iſt hergebracht, daß ihm der Gläubige das Waſſer mit dem zwänzig- oder dreißigfahen Werthe des: empfangenen Geſchenkes bezahlt. Darum richtet der Biſchof au< ſein Geſchenk im Verhältniſſe zu den Vermögensumſtänden des Gläubigen ein.

> Ortspope muß von Allem haben, was im Hau, des Gläubigen gekocht, gebraten, gehlachtet, geerntet wird. Verſäumt es der Gläubige, ihm von Allem mitzutheilen, dann wird er Sonntags in der Kirche “unfehlbar auf das {himpfli<ſte heruntergemacht.

„Du'“Stefan,“ ‘heißt es" da* z. B.,/* „Du haſt ein Lamm geſchlachtet und haſt mir das Fell nicht geſhi>t; Du Anaſtas haſt gebuttert, ih aber habe keine Butter erhalten; Du Dimitri haſt die Birnen eingeſammelt, ih aber habe die ganze Woche keine Birnen geſehen — o Jhr Diebe an Gott und ſeinen Heiligen !“

Bon den anderen unzähligen Amtserträgniſſen der Geiſtlichkeit wollen wir ſ{<weigen; man kann von dem einen Beiſpiele weiter ſchließen und von dem Sprichworte: „Eins von Hundert nimmt der Sultan — Neunundneunzig nimmt der Pope.“

Die Unwiſſenheit ſo mancher Popen überſteigt alle Grenzen. Ein glaubwürdiger Mann verſichert, er habe geſehen, wie ein Pope das Gebetbuch, aus dem er der Gemeinde vorleſen ſollte, verkehrt in der Hand hielt; er ſagte die Gebete nur deshalb richtig, weil er ſie aus8wendig konnte. Er machte den Popen na< der Meſſe darauf aufmerkſam, und dieſer \chi>te ihm des Abends einen ſehr fetten Truthahn in's Haus, daß er nur ſ<weige; denn die Gemeinde lebte in dem ſ{önen Wahne, daß ihr Pope leſen könne.

Bei alledem ſtehen die Popen noh ho< über den Kloſtergeiſtlichen. Dieſe beſißen große bewegliche und unbewegliche Güter, führen niht ſelten ein ſardanapaliſhes Schwelgerleben und geben ſi, um ohne ihr Vermögen anzugreifen, fortführen zu können, zu jeder möglichen niedrigen Dienſtleiſtung hex, die Geld einbringt. Dem Fremden thun und verſchaffen ſie Alles, was in Europa der Lohnbediente thut und“ verſchafſt. Einem Harem zu Gunſten eines Chriſten einen Streich zu ſpielen, halten ſie für ein verdienſtliches Werk und führen dergleichen niht ohne Humor aus.

Eine Grenzverleßung, welche ſi< die Tüxken zu Schulden kommen ließen, ‘wirbelte viel Staub auf, ging aber friedli< vorüber. Es gerieth nämlich bei Verfolgung einer flüchtigen Fnſurgentenſhaar, welche die ſerbiſche Grenze zu gewinnen ſuchte, eine kleine Abtheilung regulären türkiſhen Militärs. auf ſerbiſhes Gebiet. Die Türken, ‘von einem Sergeanten commandirt, bez fänden ſi< in vffenbarer Unkenntniß dieſes Um-

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ſtandes. ‘Au<h wurde von ſerbiſcher Seite, wiewohl - die Möglichkeit dazu gegeben war, gar nichts“ gethan, um die Türken vox der Grenze aufzuhalten oder zurü>zuweiſen. Fm Gegentheile ließ der Commandant eines regulären ſerbiſchen Grenzpiquets, welches ſi< der Aufmerkſamkeit dex Türken entzog, Lettere die Verfolgung der flüchtigen Fnſurgenten re<t weit auf ſerbiſchem Territorium fortſeßen. Erſt als die Türken Miene machten, von der Verfolgung abzuſtehen und den Nü>kmarſch anzutreten, wurden ſie von dem ſerbiſchen Truppen-Detachement unter Commando des Capitains Steniſchitſ<, wel<hes ſie umgangen hatte, plöylih in der Front aufgehalten und zur Niederlegung der Waffen aufgefordert. Mit Ausnahme einiger Weniger, welhe na< Wegwerfung der Armatur flüchtig die Grenze zu erreichen ſuchten, wurde faſt die ganze türkiſche Abtheilung gefangen genommen und in's Funnere des Landes abgeführt. Daß die ſerbiſche Regierung den Fall niht zum casus belli zu machen gewillt war, ſchien daraus hervorzugehen, daß man in Belgrad mit der ganzen Sache niht viel Aufhebens machte und ni<hts Anderes als eine ſchärfere Grenzüberwahung anordnete, zu welcher größere Abtheilungen der Miliz entboten wurden.

Von Bedeutung war jedenfalls der Kampf am 18. bei Trebinje, der bis zwei Uhr Morgens des nächſten Tages währte und mit der totalen Niederlage dex Türken im Glavska-ZThale endete. Es handelte ſih"nämli< um einen Ueberfall der Fnſurgenten auf einen bedeutenden türkiſhen Proviant-Convoi, welcher, vou Raguſa kommend, ſi<h auf der Straße nah Trebinje bewegte. Die Fnſurgenten hatten Aviſo von dieſem, niht durch eine allzu ſtarke Escorte beſhüßten Transporte und überrumpelten ihn aus ſiherem Hinterhalte. de>ungs-Mannſchaft wehrte ſih, ſo gut es hei der Uebermacht mögli<h wax, wurde jedoch größtentheils niedergemacht. Jun Trebinje erhielt man alsbald Kenntniß von dieſem Ueberfalle und wurden ſ{leunigſt alle verfügbaren Truppen, das iſt etwa 800 Mann regulärer Nizams, 200 Baſchiz Bozuks und 150 Freiwillige entboten, um den Jnſurgenten die erbeutete, zumeiſt aus Reis und Mehl beſtehende und auf 100 Pferden verpa>te Proviantirung wieder abzujagen.

Huſſein Paſcha ſtellte ſi<h perſönlich an die Spitze dieſer Expedition und erreihte au<h bald die wegen Forthringung ihrer Beute ſi langſam bewégenden Fuſurgenten bei ‘Glavskidol. Hier

ſam es nun zu einem mörderiſchen vierſtündigen

Kampfe, welcher bis in die Nacht fortgeſeßt wurde. Den vou Huſſein angegriffenen tiſurgeint@, welche gegen 600 Mann ſtark an einer Berglehne eine günſtige Stellung einnahmen, kamen mehrere hundert Zubcianer, dur< das Gewehrfeuer angelo>t, zu Hilfe. Seit dem Aushruche des Aufſtandes

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Die türkiſche Be--

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