Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

zweifelten Lage, in welcher ihnen vollſtändige Aufreibung oder Gefangenſchaft drohte. Trotdem ließen die Fnſurgenten in den mehrtägigen Kämpfen faſt die Hälfte ihrer Leute auf dem Kampfplate. Pei Lutz fand ein kleinerer Zuſammenſtoß ſtatt, ih welchem die Junſurgenten den Sieg für ſih kæanſpruchten. Jm Diſtricte von Ljubinje bildeten Äh wieder größere Fnſurgenten-Schaaren unter er Führung eines neuen Häuptlings, Namens Chriſtos Johanowitſh. Jm Ganzen aber ſchienen die Fnſurgenten, ſeitdem die Türken über eine bedeutende Truppenmacht verfügten, es auf eine Theilung dieſer leßteren abgeſehen zu haben ; ſie ſelbſt löſten ihre größeren Abtheilungen in fleinere Streifſhaaren auf und ſuchten das ganze Land damit zu bede>en. Fn Türkiſh-Croatien hatten ſich die Fnſurgenten, welche jüngſt empfindlih geſhlagen wurden, wieder geſammelt und das von den Türken niedergebrannte Tiskowahßz neuerli< beſeßt. Jn Bosuien war die Fnſurrection dem Verſcheiden nahe. Der Mangel an Waffen, Munition und Kleidungsſtü>ken ſowie auch an befähigten Anführern veranlaßte die meiſten Fnuſurgenten-Abtheilungen ſi< aufzulöſen. Der Pfortencommiſſär Server Paſcha aus Moſtar veröffentlichte folgenden neuerlichen Aufruf: „An ‘die Bevölkerung der Herzegowina! Es diene zur allgemeinen Kenntniß, daß zur Erleihterung der .Rü>kehr der na<h Oeſterreich geſlüchteten Herzegowiner Maßregeln getroffen werden, welche die Unterſtüzung der Nothleidenden, ſowie deren baldige Wiederanſiedlung bezwe>en. Es werden an beſtimmten Orten Commiſſäre auſgeſtellt, die für die einlangenden Flüchtlinge zu ſorgen haben. Solche Orte ſind vorläufig Crfkvißza, Nikſic, Gaßko, Biljek, Trebinje, Ljubinje, Gabela, Stola und Neveſinje. Es wird die Rückkehr au< jenen Männern und Familien nicht verwehrt, welche ſih niht nah den beſtimmten Orten an die beſtellten Commiſſäre wenden, dieſen jedo< weder Unterſtüzung, no< Schutz von Seite der türkiſchen Behörden gewährt werden. Moſtar, 25. (13.) September. Der Präſident des Großen Rathes in Conſtantinopel: Server Paſha.“

Die Bildung des neuen Cabinetes bereitete dem Fürſten Milan keine geringen Schwierigkeiten. Man- nannte lauter conſervative Namen, und es war auh wahrſcheinlih, daß ein ziemlich gleihartig conſervatives Miniſterium an's Ruder komme. Jndeß machte. die Beſetzung der Miniſterpräſidenten-Stelle „und des Portefeuilles des Aeußern am meiſten zu ſhaſfen. Alles meinte, Marinowitſ< werde die-- Conſeils-Präſidentſchaft wieder übernehmen und als künftigen

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Miniſter des Aeußern bezeihnete man Mag azinowitſ< oder Zugitſch; indeß war auh dieſe Wendung ganz unverbürgt und es blieb nur das Eine ausgemacht, daß ſi<h der Rückſchlag der Miniſterkriſe in mancherlei Beziehung bereits fühlbar machte. Es wurde allgemein davon geſprochen, daß Serbien in Kurzem ſeine Truppen und Milizen von der Grenze zurü>ziehen würde, weil die Pforte gleihfalls an eine Auflöſung ihrer Obſervations-Corps von Niſh und Widdin denken ſolle. Jun Folge deſſen glaubte man, daß noh vor Ablauf eines Monats Alles den Charakter des früheren Friedenszuſtaudes annehmen würde.

cFndeſſen gab es mancherlei Gründe, ſih nicht allzuleicht derlei Jlluſionen hinzugeben. Zwar ſollte eine Abgeordneten-Conferenz bei dem Fürſten ſi<h mit 62 gegen 21 Stimmen gegen den Krieg erklärt haben, aber in der Skupſchtina, obwohl dieſelbe den Fürſten \o enthuſiaſtiſh begrüßte, machte ſi< nachträgli< eine bedenkliche, gegen die Perſon des Fürſten gekehrte Unzuſriedenheit bemerkli<h. Beſonders tadelte manu die Verlegung der Skupſchtina na< Belgrad als verfaſſungswidrig. Man ſagte, daß die Politik des gefallenen Cabinets auf ni<hts Geringeres, als auf eine Revolutiouirung des Landes abgezielt habe. Die Revolution hätte den Mächten gegenüber den Vorwand für die zwingende Nothwendigkeit abgeben ſollen, daß ſi<h Serbien nicht länger von der Betheiligung am Kriege enthalten könne. Dieſe Gefahr war nun allerdings vorüber, die Reſte der Fntriguen und Umtriebe wirkten aber no< immer bedenkli< fort.

JFuzwiſchen ſtörte dies Alles die Vorbereitungen für die fürſtli<he Vermählung durhaus nicht. Eine zahlreihe Deputation reiſte auf dem mit Blumen und Flaggen geſ<hmü>ten Dampfſchiſfe „Sophia“ der fürſtlihen Braut entgegen. Die Hochzeitsfeierlichkeiten ſollten am 10. October in Belgrad ihren Anfang nehmen und vierzehn Tage dauern ; am Vorabende des erſten Tages ſollte ein Diner ſämmtliche Familienglieder vereinigen. Da die Verwandten der hohen Braut circa zehn bis zwölf Tage nah der Vermählung in Belgrad bleiben ſollten, ſo waren für jeden Tag dieſer ganzen Zeit Hofdiners beſtimmt, an denen abwechſelnd hohe Gäſte zugezogen werden ſollten. Das Arrangement der Hofdiners wurde dem bekannten Preßburger Hotelier, Herrn F. Palugyay, überlaſſen. Die fürſtlihe Braut ſammt ihrer Verwandſchaft und Suite hatte am 4; Odeſſa verlaſſen und ſollte Samſtag Morgens iu Belgrad eintreffen, feierli< eingeholt werden, jedo<h die Trauung ohne jeglihes Gepränge ſtattfinden. Als Hochzeitsgäſte wurden erwartet: die Fürſtin Julie, Witwe des Fürſten Michael Obren owitſ<, die Mutter des Fürſten und die nächſten Verwandten.