Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

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liehen wird. Außer dem Kaiſer von Rußland beſiken dieſen Orden jezt überhaupt nux noc drei Souveraine: König Albert von Sachſen, König Frauz IL. von Neapel und König Georg V. von Hannover. Kaiſer Wilhelm iſt niht Beſißer des Maria Thereſien-Ordens, dagegen haben ihn der Kronprinz Friedri<h Wilhelm und Prinz Friedrich Karl (Beide für den Feldzug in Schle8wig-Holſtein 1864). Alle die Genannten ſind — mit Ausnahme des Königs von Hannover, welcher den höheren Grad eines Commandeurs hat — ſo wie der Czar nux Ritter des Maria Thereſien - Ordens. Großkreuze dieſes Ordens giebt es zur Zeit im Auslande feine und im ZFulande iſt Erzherzog Albrecht gegenwärtig

der Einzige, welher das Großkreuz trägt (für Cuſtozza). Eben darum war au< Erzherzog Albrecht, als höchſter Würdenträger des Maria Thereſien-Ordens, dazu auserſehen, dem Kaiſer Alexauder das Ritterkreuz zu überbringen. Er eignete ſih zu dieſer Miſſion umſomehr, da er auch Ritter erſter Claſſe des ruſſiſchen militäriſchen St. Georgs-Ordens iſt. Nach den Statuten des von der Kaiſerin Maria Thereſia geſtifteten Ordens fann ihn auh ein Souverain nur erhalten, wenn er eine ruhmvolle Waffenthat aufzuweiſen hat. Dieſe Waffenthat beim Czar war nun die bei Atſh-Choi im Kaukaſus im Jahre 1850.

Die Türkei als neuer Verſaſſungs-Staakt.

Am 14. December erging in Conſtantinopel ein höchſt wichtiger kaijerliher Ferma n. Derſelbe lautete:

„Alle Unterthanen der Pforte ohne Unterſchied ſind ermächtigt, ſelbſt die Richter und die muſelmänniſchen und niht-muſelmänniſchen Mitglieder der Gerichte und der Provinzial-Verwaltungsräthe zu wählen. Proceſſe zwiſhen Muſelmännern und Nicht-Muſelmännern werden den Civilgerichten zugewieſen. Niemand wird ohne Urtheil in Haft gehalten, üble Behandlung wird niht geduldet werden.

Die Steuern werden in einem gerechten Verhältniſſe vertheilt werden, und diejenigen, welche die Bevölkerung zu ſehr beläſtigen, werden erleihtert werden. Es wird die Art und Weiſe für die einheitlihe Geſtaltung der Steueru, unabhängig vou der Aufhebung des Viertelzuſchlages zum Zehent, feſtgeſtellt werden. Es werden Maßnahmen getroffen werden, um der Willkür bei der Einhebung des Zehents durch Vermittlung der Pächter zu begegnen. Die Steuereinhebung wird der Polizei entzogen werden; die muſelmänniſche Bevölkerung wie die anderer Confeſſionen wird ſelbſt die Steuereinnehmer wählen ; das unbewegliche Eigenthum wird reformirt werden. Alle Eigenthumstitel werden von der Direction der Eigenthumsrehts-Archive ausgefolgt und das Eigenthum wird allen Unterthanen geſichert werden.

Die Gendarmen werden unter den beſten Einwohnern jeder Ortſchaft gewählt werden ; die Aufhebung derFrohnarbeit wird beſtätigt ; die Leiſtungen für Arbeit von öffentlicher Nüßlichfeit werden reformirt werden, damit ſie niht mehr behelligend ſeien.

Der Handelsminiſter wird die Rathſ<läge competenter Leute für die nothwendigen Maß-

nahmen zur Entwi>elung des A>erbaues, der Fnduſtrie und des Handels einholen.

Der Ferman beſtätigt die den Patriarchen und anderen geiſtlihen Chefs bewilligten Gewalten für die Angelegenheiten ihrer Gemeinden und die freie Ausübung ihres Cultus. Alle Erleichterungen werden zur Gründung ihrer Kirchen und Schulen gewährt werden.

Alle Grade von öffentlihen Stellungen werden den ni<t-muſelmänniſ<hen Unterthanen zugänglich ſein.

Die Militärbefreiungs-Steuer wird von den nicht-muſelmänniſchen Unterthanen nur im Alter von zwanzig bis vierzig Jahren entrihtet und in einem gere<ten Verhältniſſe nah dem individuellen Vermögensſtande herabgeſeßt werden. Die Einbringung dieſer Steuer wird dur<h die Steuerpflichtigen ſelbſt bewerkſtelligt werden; die Dienſtuntauglichen find von dieſer Steuer befreit. Die Befreiungstaxe für den activen Dienſt wird für die Muſelmänner von hundert auf fünſzig türkiſche Lire (ungefähr fiebenzehn Mart) herabgeſegt. Alle nicht-muſelmänniſchen Unterthanen in der Provinz werden Grun deigenthümer werden können. Die teſtamentariſhen Beſtimmungen der Nicht-Muſelmänner werden geachtet werden ; die Behörde wird nur im Falle von Klagen gegen die Vormünder oder Teſtamentsvollſtre>er in's Mittel treten.

Das Geſeß wird von Allen, Groß wie Klein, geachtet werden müſſen. \

Die Bevölkerung wird ohne Behinderung alle re<tmäßigen Wünſche und Klagen bei der Pforte vorbringen können.

Jede Uebertretung gegen dieſe im Ferman erwähnten Vorſchriften wird beſtraft werden.