Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

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früher waren wir Feinde, jeßt müſſen wir Pobratimi (Waffenbrüder) ſein !“ i

Petar Pezija Petrowit\< bekleidete vor dem Kriege das beſcheidene Amt eines Aufſehers in einer Waffenſammlung. Als der Auſſtand in Bosnien ausbrah, ſtellte er ſi< an die Spitze einer Fnſurgenten-Colonne und zeichnete ſi in zahlreichen Treffen aus, in wel<hen er den Türken empfindliche Verluſte beizubringen wußte.

Der Pope Melentije Petrowitſch iſt in Gorißa geboren und ein Verwandter Lazar Sotſchißa's. An der Jnſurrection des Jahres 1851 nahm er troy ſeiner großen Jugend Theil; nah geſchloſſenem Frieden wurde er zum Erzvicar des Kloſters Duze ernannt ; gegenwärtig befindet er ſih an der Spie einer Fnſurgenten-Abtheilung, — Milovan Boſchkowlt\< und Slovan Kowatſchewit< ſind an Muth und Patriotismus den übrigen Führern ebenbürtig.

Die Spuren des Krieges gegen die Unterdrü>ung waren daher au< überall, wo Kämpfe ſtattgefunden, nur zu deutlich ſichtbar. Von Stolaß aus über die Ebene von Dabra zeugten überall die ſhwarzen Mauern der verbrannten Häuſer für den Zerſtörungs8geiſt der Streitenden.

Ein Privatbrief ſchildert in ebenſo reizvoller als ergreifender Weiſe die Situation der Familien der Fnſurgenten. Es heißt dort:

Des europäiſchen Nordens Lichtlein-blinkender Chriſtbaum wandelt ſi< beim <riſtlihen Slaven der Balkan-Halbinſel in den lichterloh flammenden Baumſtamm. Vor der Weihnacht begiebt ſi der Hausvater in den nä<hſten Fungwald und ſucht ſih den ſtärkſten der Bäume aus. Dieſen fällt er. Zweige und Aeſte, Ober- und Mittelſtamm werden abgehauen und von des Hauſes Weibern in rieſigen Laſten davongetragen als Nahrung für den Herd die ganzen Feſttage hindur<h von Weihnachten bis zu den heiligen drei Königen.

Den ſorgſam und ſäuberli<h an den Hauflähen abgeebneten Unterſtamm tragen ſpringend und ſingend und jubelnd die Knaben heim. Dort wird er von den Kleinen von Mooſen und Flechten ſorgſam geſäubert, auf's Unterholz am Herde geſtellt und mit Lorbeerzweigen umwunden. Die Hausfrau {öpft den fetteſten Rahm von den Milchſchüſſeln, nimmt die honigſhwerſten Waben aus dem Bienenſto> und wäſcht den ſaftigſten Grünkohl zum Kochen bereit. Der Hausvater ſticht ſeinen ſ{<werſten jungfräulihen Hammel ab. Er trägt au< einen Korb ſeines prächtigſten Weizens vor den Herd. Daun in des Hauſes koſtbarſtem Gefäß, mitunter einer rieſigen ſilbernen Schale, ſtellt er vor den Baumſtamm von ſeinem älteſten Wein dazwiſchen. Von Zeit zu Zeit feuert vor’ dem Hauſe, angefangen vom Hausvater bis zum jüngſten Knaben, der dazu {on Muth und Kraft hat, jeder Mann und jedes Männlein des

Hauſes Flinte oder Piſtole in die Berge ab, auf daß es fknalle und halle.

Indeſſen ſinkt langſam die Sonne zu des Jahres letter längſter Ruhe hinter die weſtlichen Berge, vom blaſſen Himmel über dem Abendroth nur den Abendſtern ſein berü>end mildes Licht in der Meuſchen Herzen zittern laſſend. Dieſe Menſchen und Menſchlein, ſäuberli<h gewaſchen, geſcheitelt und in's weißeſte Linnen gekleidet, ſammeln ſi< na< dem leßten Abſchiedsbli> gegen den ſinkend verglimmenden Abendſtern im Hauſe um den Herd. Das Unterholz am Herd wird angezündet. Das Weihnachtsbrot zum Baen wird ſeitab in die Aſche gethan. Den Hammel am Holzſpieß dreht der älteſte Knabe am Hinterherd. Die Flamme züngelt an dem Lorbeergewinde des Baumſtammes empor. Der Hausvater benebt ihn aus der ſilbernen Schale mit einigen Tropfen Weines. Dann ſtreut er vom Weizen handvoll um handvoll darauf.

Die Flamme verſengt die Lorbeerreiſer, umle> mit Flammenzungen den Stamm. Und immer wieder gießt er vom Weine in die immer mächtiger werdende Lohe. Das in der Aſche badende Brot dampft lieblihen Duft durch die ſchüttere De>e. Der Hammel am Spieße bräunt ſih immer dunkler. Und alles dies unter Kreuzen und Gebeten und Geſängen der kleinen um den Herd verſammelten Hausgemeine. Nur ab und zu verſchwindet Mann um Mann. Und draußen vor dem Hauſe knallt und von den Bergen hallt es Schuß auf Schuß.

Und draußen auf dem Himmel iſt der volle, unermeßlihe Sterneſegen aufgegangen. Um der Berge Häupter ſchimmern Heiligenſcheine. Und Mitternachts zieht hellleu<htend in jedes Haus das Chriſtusfindlein ein, unſihtbare Schäße für's neubeginnende Sonnenjahr an Frucht und Wein und Vieh dem Hausvater, an Milch und Honig und Kindern der Hausfrau geſegnend. Und Jung und Alt um den Herd genießt vom Brote und Honig, vom Fleiſ< und Wein, von Kohl und Milch. Und alles dies unter Kreuzen und Gebeten und Geſängen, unter Scherz und Lachen, Spielen und Liedern, Glü>kwünſchen und Liebfoſungen bis zum tagenden Morgen, während der Baumſtamm am Herde zu Aſche verglimmt.

Das iſt der Badnjak (Chriſtbaum) der Südſlaven, die uralte heidniſhe Sonnwendfeier, riſtlich gewandet ; das iſt die Weihnacht des Chriſten der Bosna, der Herzegowina.

Und au diesmal knallt und hallt es in den Bergen, allein — die Hütten ſtehen leer oder niedergebrannt, oder liegen in Trümmern - da ; bleichende Menſchengerippe ſtarren überall herum; Todtenſchädel ſtieren von den Zaunpfählen ; heulend ſtößt die Bora dur Berg und Thal ihren eiſigen Odem. Vor Kälte ſhauernd, drängen ſi< in den Hütten der dalmatiniſchen, croatiſhen und \lavo-