Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten
gegenüber befand, die plößli<h hervortretenden Wühlereien dieſes ſerbiſhen „Don Carlos“ einen gewiſſen Grad von Bedenklichkeit.
Die lebtere wurde no< durch die Gewißheit geſteigert, daß Peter Karageorgewitſ< nicht ganz auf eigene Fauſt und Gefahr ſeine Umtriebe begonnen hatte. Gewichtige Anzeichen ſprachen dafür, daß gewiſſe Parteigänger unter den ungarihen Serben den Beſtrebungen nicht fremd waren, das Fürſtenthum Serbien in den Krieg zu zerren. Es waren dies dieſelben Parteiführer unter den ungariſchen Serben, mit welchen Politiker und Patrioten vom Schlage der Riſtics und Gruics die verſtändnißinnigſten Händedrü>e wechſelten und welche in allerleßter Zeit allein und ausſchließlich die Verantwortlichkeit für gewiſſe Aufreizungen unter den öſterreichiſhen Südſlaven zu tragen hatten.
Die Beſtrebungen, Milan des Thrones zu entſeßen, wurden mit großer Ausdauer fortgeſetzt von den Anhängern des Prinzen Peter, einem Enkel des unter dem Namen Czerny Georg (ſ<warzer Georg) berühmt gewordenen erſten ſerbiſhen Häuptlings, deſſen Sohn Alexander Karageorgewitſ< na< Michael Obrenowitſch's Sturze (27. März 1843) zum Fürſten von Serbien gewählt, 1858 jedo< wieder abgeſetzt, 1869 der Miturheberſchaft an der Ermordung des Fürſten Michael Obrenowitſch TIT. bezihtigt und in Unterſuchung gezogen worden.
Prinz Peter Karageorgewitſ< überſchüttete Serbien mit Proclamationen und Medaillen. Eine dieſer leßteren war von der Größe eines Kreuzerſtü>es und. trug auf der einen Seite Namen und Bildniß des Prinzen Peter. Doch für das fkriegeriſhe Serbenvolk konnte das Bild des Prinzen kaum große Eroberungen machen. Es war ein ſimpler Stußer mit nihtsſagender Phyſiognomie, das Haar rect zierlih geſcheitelt und in der Mitte abgetheilt, ein ſcheinbar gut gepflegtes Shnurrbärtchen, dazu die gewöhnliche Kleidung eines jungen Modelöwen vervollſtändigten das Bild. Die zweite Seite der Medaille trug die Jnſchrift : „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“, was zeigte, daß Prinz Peter es niht verſ<hmähte, auh mit der ſerbiſchen Socialdemokratie ſi< zu verbrüdern. Um die Sache re<t vielſagend zu geſtalten, trug dieſe Seite der Medaille noh eine Fahne mit der ſerbiſchen Jnſchriſt: „Auf, Brüder, na< dem Koſſowoer Amſelfelde!“ und die Jahreszahlen „1389 (in dieſem Jahre fand die Schlacht auf dem Amſelfelde ſtatt) und 1875“,
Zugleich liefen allerlei Gerüchte umher, welche Milan's Privatleben betrafen und im hohen Grade verſtimmend wirkten. Jn die Kategorie dieſer Rückſichtsloſigkeiten zählte man namentlich die bö8wilſigen Ausſtreuungen über die angeblich im Umlauf befindlihen Privatweſel des Fürſten,
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Daß einſt bereits die Unterſchrift des Fürſten in verbrecheriſher Weiſe gefälſ<ht worden war, konnte feineswegs in Abrede geſtellt werden. Namentlich waren in Rumänien eiuige ſolche freibeuteriſche Anſchläge auf die Caſſe des Fürſten Milan verſucht worden; dagegen war es geradezu verleumderiſh, den Fürſten der Oeffentlichkeit als in ſolhen finanziellen Nöthen befindli<h zu denunciren, daß er ſeinem vermeintlichen Geldbedürfniſſe niht anders als dur< Verſchleuderung von Wechſelbriefen abzuhelfen vermocht hätte. Der Mißbrauch, welcher diesfalls mit dem Namen des Fürſten getrieben wurde, erſchien um ſo veräctlicher, als és do< notoriſ< war, daß die Privatfinanzen des Fürſten niemals geordneter geweſen als zu jener Zeit.
Ju dieſe Zeit der allgemeinen Spannung und Erwartung fiel die Unterzeihnung des Jrade, mit welchem die im Entwurfe des Grafen Andraſ\y enthaltenen Reformen gewährt wurden. Die Antwort der Pforte, mit welcher dieſe Entſcheidung notificirt wurde, erhielten Abends | die Vertreter der ſe<s Mächte mitgetheilt und ſie wurde auch den Vertretern der Pforte bei den ſe<s Mächten im telegraphiſhen Wege bekannt gegeben. Dein Botſchafter der öſterreichiſh-ungariſhen Monarchie verſicherte Raſchid Paſcha in einer Zuſchrift : daß die Pforte mit Sorgfalt die, Bosnien und die Herzegowina betreffenden fünf Punkte der Depeſche des Grafen Andraſ\y geprüft habe, und er legte den beſonderen Nachdru> auf die „wohlwollenden Geſinnungen“ der Mächte, die den Sultan bewogen hätten, mittelſt eines faiſerlihen Frade die ſofortige Durchführung von vier Punkten anzuordnen; der fünfte Punkt (Verwendung der directen Steuern für die Bedürfniſſe der Provinz) ſollte dur< eine Anordnung erſetzt werden, welche ſowohl den Bedürfniſſen der inſurgirten Provinzen, als den Abſichten des Grafen Andraſſ y entſprechen würde.
So war denn der Erfolg der vom Grafen Andraſſy im Oriente geführten diplomatiſchen Action deutli bewieſen, denn es wurden durch die beiden | verſendeten Actenſtü>e die unbedingte Annahme“ von vier Punkten und die bedingte Annahme des fünften Punktes der öſterreichiſchen Reform-Vorſchläge bekräftigt. Die Löſung des lezten Punktes hatte man einer gemiſchten Zufunfts-Commiſſion anheimgeſtellt. ,
Währenddem kämpften die Juſurgenten fort, indeß mit fläglihem Erfolge, was ſeinen Grund in der Zerfahrenheit der Oberleitung und der Uneinigkeit zwiſchen den Führern hatte. “Es hieß ſogar von dem bekannten Miroslaw Hubmaler, er wäré von ſeinen eigenen Leuten erſchoſſen worden, bald nachher aber, | daß er in Oeſterreich aufgegriffen und von den öſterreichiſchen. Behörden internirt worden ſei. Beide Gerüchte waren falſ<, wenngleih das von der