Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

Tödtung Hubmaier's auf einen wirklichen, vom Gerüchte dur< eine Verwechslung der Perſon entſtellten Vorfall ſih gründete:

Es ‘hatte nämli<h Hubmaier ſeit einiger Zeit einen Ruſſen, Namens Dalmatoff, als Stabschef zur Seite, deſſen Rathſchläge und Einfluß für ihn ziemli<h“ maßgebend waren. ' Be den Unteranführern in der Schaar Hubmaier's erregte die bevorzugte Stellung des Ruſſen Aerger und Neid. Der Anführer wurde wiederholt angegangen, ſi<h dieſer Perſönlichkeit zu entledigen, aber alle diesbezüglihen Vorſtellungen blieben fruchtlos. Einzelne Führer“ verſ<hworen ſih nun und beſchloſſen, Dalmatoff gewaltſam beiſeite zu ſchaffen. So kam es denn, daß plötlich im Lager Hubmaier's unter den Leuten des Abtheilungs-Chefs Thein Erzeg aus Fablanaß ein Tumult entſtand und zu den Waffen gegriffen wurde. Plöblich | fiel ein Schuß und der Ruſſe Dalmatoff, welcher herbeigeeilt war, um nah dem Grunde. des Tumultes zu forſchen, fiel, durh die Bruſt getroffen, in ſeinem Blute gebadet zu Boden. Dies gab das Signal, daß die Anhänger

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und Freunde des Getödteten herbeieilten und auf die Mörder Dal mato ff's feuerten, wobei Thein und méhrere ſeiner Leute {wer verwundet wurden. Mit Mühe gelang es Huübmaier, die Ordnung wieder herzuſtellen ; in Koſtajnißza aber war das Gerücht verbreitet, der Anführer ſelbſt ſei von ſeinen Leuten getödtet worden.

Bald “ darauf ‘wurde Hubmaier in Folge eines Beſchluſſes des in Famniya reſidirenden bo8niſchen Fnſurrections-Comités ſeines Commandos entſeßt und zur Niederlegung desſelben gezwungen. An deſſen Stelle wurde Lazar Miodragowit\{< zum Commandanten ernannt und demſelben der mit den dortigen Local- und Bodenverhältniſſen wohlvertraute Bosniake Miba Schurlan als Helfer beigeordnet. Unter ihm ſtanden als Abtheilungs-Chefs: Rade Kovacs, Marco Djenadije, Oſtoja und Oljatſcha. Was Hub maier betrifft, begab ſi< derſelbe zu Peter Karageorgewitſ< mit einer Anzahl von Leuten ſeiner früheren Legion in der Abſicht, unter der Fahne dieſes Prätendenten zu fechten.

Virkungen der Reform-Vorſ<läge in beiden Lagern.

Mitte Februar wurde der Reform-Frade des Sultans in Bosnien verkündet, und zwar mit allem jenen Pomp, der ſolche feierliche Staatsacte zu begleiten pflegt. Die Garniſon rü>te aus den Kaſernen mit klingendem Spiele, die Paſchas

mit ſo und ſo viel Roßſchweifen erſchienen in

Gala-Uniform, die yVilajets-Regierung“ ſtellte ſich vollzählig ein und, zur Erhöhung des Ernſtes des „großen weltgeſhihtlihen Moments“, fehlte au fein einziger von den Repräſentanten der Großmächte zu Serajewo. Unter lautloſer Stille der, Verſammlung wurde der „Ishalat-Ferman“. in türfiſcher Sprache, die dort am allerwenigſten verſtanden wurde, verleſen, worauf die Feſtungs-Artillerie einundzwanzig Kanonenſalven abgab, bedeutend: das große Werk iſ} vollbracht!

Merkwürdig iſ nur zu nennen, daß die Wirfung, welche dieſer Staatsact hervorgerufen hatte, auf feiner Seite eine erfreulihe war. Die Generalconſuln machten ein verdrießlihes Geſicht ob der entſchiedenen Weigerung des Valis, den Ferman auch in der Landesſprache zur Kenntniß des Bolkes zu bringen. Die Herren Diplomaten machten ihrem gepreßten Herzen Luft dur<h zwar ſehr fein gehaltene, aber nichtsdeſtoweniger energiſche Bemerkungen, welche vom Chef der ProvincialRegierung mit froſtiger Kälte aufgenommen wurden. Man merkte ſ{hon im Anfange der Dinge die wahre Abſicht der Effendis (Kanzler), Europa

na< alter guter Sitte Sand in die Augen zu ſtreuen, und es war wirkli< {<wer, nicht verſtimmt zu ſein.

Ein ähnliches Gefühl theilte ſi< glei<h mit

“den „feindlichen“ bosniſhen Brüdern: den m o-

“hammedaniſchen und <riſtli<hen Serben.

Die Erſteren waren ſehr armſelig vertreten ; die hervorragendſten Begs und Agas glänzten durch ihre Abweſenheit, nur der islamitiſch-bosniſche Bürger- und Bauernſtand ſchi>te einige Vertreter. Als man einen bosniſchen Türken fragte, warum ſih ſeine Glaubensgenoſſen ſo ſpärlih im Hofe des Konaks eingefunden hätten, antwortete derſelbe mit ſehr bezeihnender, wegwerfender Geberde: „Was haben wir hier zu thun? Das iſt ja ein Vlaski- (<riſtli<er) Ferman!“ — Die edlen Religionsbrüder des Sultans ſ{hwuren hoh und heilig darauf, daß der Sultan und ſeine Miniſter Abtrünnige geworden ſind: „Wie fonnten ſie ſonſt die Hand zu ſo einem gottloſen Werke bieten ?“

Am ſelben Tage no< wurde eine große Verſammlung abgehalten, an der die hervorragendſten Begs theilnahmen, und in der über die Schritte berathen wurde, welche unternommen werden müßten, um die „Religion des Propheten“ zu retten; denn nah Anſicht der mohammedaniſchen Bosnier war durchaus nichts Geringeres auf dem Spiel ! Beſonders charakteriſtiſ< für die „reht-

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