Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten
Die Juſurgenten trachteten, die Türken niht nur niht hervorbrehen zu laſſen, ſondern womöglich durch heftiges Feuern zum Räumen der Dörfer zu drängen. Die türkiſchen Plänkler wurden in die Dörfer zurüc{geworfen, allein heraus wollten ſi die Türken niht rühren. Da gingen um fünf Uhr die Jnſurgenten zum Sturm auf Wojnice und Siporace über. Jm Anfange ſchien es, als wollten die Türken denſelben aushalten; allein in Kürze begannen ſie ſi< doh zurüczuziehen.
Als dies die Jnſurgenten wahrnahmen, verfielen ſie in ihre alten Fehler. Alle Gefechtsdisciplin vergeſſend, ſtürzten ſie wie toll den Türken nah. Dieſe zogen ſi< ni<ht- mehr zurü>, ſondern flohen wie geheßtes Wild. Die Fnſurgenten, immer unter fur<htbarem, ſinnebetäubendem Geſchrei , jagten auf freiem Felde hinter den Türken einher. Dieſe Verfolgung dauerte bis ſpät in die Nacht hinein zum Kavasbaſin-Moſt.
Nach dieſem Siege über die Türken und nah einem weiteren erfolgreichen Ueberfalle derſelben bei Klobuk am 8. März hatte Ljubobratitſ< mit ſeine Leuten no< am ſelben Tage die Vrlika überſchritten, wobei faſt eine halbe Stunde weit das überſ<hwemmte Gebiet dur<hwatet werden mußte. Der Na<htmarſh vom 9. auf den 10. war glü>li<h zu Ende, und zwar von Gorißa, über die Ebene von Poſſusje, knapp längs der dalmatiniſhen Grenze bis Vinjani. Bei Morgendämmerung wurde in dieſes herzegowiniſhe Dorf unter Anführung eines in dieſer Gegend Eingeborenen eingerü>t. Ljubobratit\< ließ halten ; in Vinjani ſollte tagsüber geraſtet, abgegeſſen und in der Naht von dort gegen das Zavelim-Gebirge weitermarſchirt werden; aber — das Schi>ſal hatte es indeſſen Ljubobratitſ< und ſeinen Genoſſen anders zugedacht; der zehnte März ſollte für ihn und ſie verhängnißvoll werden.
Die Juſurgenten lagerten theils im Freien, theils in den Häuſern von Vinjani. Um elf Uhr Vormittags waren die Hammel auf den improviſirten Bratſpießen halb gar geſ<hmort und das frugale Mittagsmahl nahm ſeinen gewöhnlichen Verlauf. Mitten drinnen wurden die Fnſurgenten dur<h das Herannahen einer öſterreichiſhen Militär-Truppe aufgeſheuht. Bald darauf fand ſi Bezirkshauptmann Daucha bei Ljubobratitſ< ein und bedeutete ihm, daß er die Grenzen überſchritten habe, was der Jnſurgenten- Anführer mit der Karte in der Hand verneinte. Es war dies die Specialkarte von Bosnien, der Herzegowina und dem Paſchalik von Novibazar (Rascien), welche der kf. kf. Major Rosfkiewitſ< auf Anordnung des k. k. Generalſtabes verfertigt hatte. Nach dieſer, gleihſam officiellen Karte lag in der That Vinjani jenſeits der öſterreichiſchen Grenze nächſt Jmosfki. Es iſt jedo<h wieder thatſächli< nihts auf der Welt unbeſtimmter, als die
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Grenze zwiſhen Dalmatien und Bosnien-Herzegowina. Weder Grenz-Gemeinden, no< Behörden find in einzelnen Fällen im Stande, mit Zuverläſſigkeit anzugeben, bis wohin öſterreichiſches Gebiet reiht, wo das türkiſche beginnt, und zu alledem kommt noh, daß entlang der ganzen Grenze öſterreichiſche Unterthanen auf ‘türkiſchem Grund und Boden Felder und Häuſer häben, ſo daß man ganz gut auf türkiſchem Gebiete und doh in einem öſterreihiſhen Hauſe, alſo halb unter türkiſcher, halb unter öſterreichiſcher Oberhoheit ſein kann.
Und dies betraf au<h Ljubobratitſ< mit ſeiner Truppe in Vinjani. Der öſterreichiſche Amtsverrichter beharrte jedo< darauf, daß die Jnſurgenten auf öſterreichiſchem Boden ſeien und forderte deren Entfernung, wel<hem Begehren Ljubobratitſ< na<hkam. Die Fnſurgenten begaben ſi< alſo wieder auf das türkiſche Territorium. Jett wurde Ljubobratit\< mit Genoſſen eingeladen, das Eſſen in dem Hauſe, in dem er ſich befand, zu beenden. Er nahm das Anerbieten an. Darauf wollte au< er ſi<h auf türkiſches Gebiet zurü>ziehen, aber da wurde ihm wieder bedeutet, er könne unbedenklich nah Jmoski mitfommen und dort übernachten. Dies lehnte Ljubobratitſ< ab — im ſelben Augenbli>e wurden er und no< ſe<s von ſeinen Genoſſen als Gefangene erklärt.
Darunter befanden ſi< ſeine beiden Brüder Toma und Valle, aus Trebinje gebürtig, demnah türkiſhe Unterthanen, mit Ausnahme Lj ubobratit\<'s, wel<her in Serbien „naturaliſirt“ (eingebürgert) und ſerbiſcher Unterthan war. Auch Fräulein Jeanne Markus wurde angehalten. Die übrigen Gefangenen waren zwei Ftaliener: Conte Faëlla und Ceſari, und der Adjutant und Generalſtab8-Offizier des Ljubobratitſ<, Georg Ritter von Petrowitſch, geweſener öſterreihiſher Offizier, nah Mitrowitſch zuſtändig, mithin öſterreichiſcher Unterthan. Er hatte in der Wiener-Neuſtädter Militär-Akademie ſeine Erziehung und Bildung erhalten und hatte ſih ſeit Mitte December v. JF. dem Wojwoden ange\<hloſſen. Auf eine von maßgebender Stelle nah Wien gerichtete Anfrage, was mit den inhaftirten Jnſurgenten zu geſchehen habe, erfolgte die Weiſung, die Juternirung (Aufenthalts-Beſchränkung) derſelben in anderen Theilen der Monarchie zu veranlaſſen. Nah der Anhaltung wurde Ljubo br atit\< nah Sign abgeführt. Der Holländerin Fräulein Johanna Markus wurde jedoh bedeutet, jede beliebige Straße einzuſchlagen, ausgenommen diejenigen, welche dur öſterreichiſches Gebiet nach den türkiſhen Grenzprovinzen führen. Jn Juſurgentenkreiſen brachte die Ergreifung des