Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten, page 193

Das Schreiben ſelbſt ſagt ja, daß es dur den Aufſtand hervorgerufen, daß ſein Ziel aber die Erhaltung des Lebens und der Kraft des SultanReiches iſt. Aus dieſem Grunde ſtrebt das-Schreiben blos die Pacification der inſurgirten Provinzen an, aber ni<t zum Ruhme und zur Ehre des Kreuzes, wie auch ni<t, um den auf dem Kreuze baſirten menſchlichen Fortſchritt, das Recht und die Freiheit zu ſihern. Man hatte nur den Ruhm und die Ehre des Halbmondes, ſowie die dur< ihn bedingte Verfolgung und Sklaverei im Auge.

Daher giebt es, o erlauchter Herr! nichts in jenem Schreiben, was der allmächtige Sultan in ſeinen Hatihumayums und Fermans nicht bereits gewährt hätte, und zwar zum Nuten der Rajah. Aufzuzählen alle bisherigen Verſpre<hungen und ihren Werth zu erhärten, wäre wohl überflüſſig. Es iſt ein vergeblihes Bemühen, zu vereinen, was durch die Natur unvereinbar erſcheint. Und fönnten ſelbſt Kreuz und Halbmond ſich vertragen, ſei es zum Schaden des einen oder ‘des anderen, ſo würden dazu viel Arbeil und Zeit nothwendig ſein.

Die Erfahrung lehrt uns, daß die Verſprehungen des allmächtigen Sultans ſelbſt in Friedenszeiten ſih niht verwirklichen ließen. Am allerwenigſten kann es jeßt geſchehen, wo die Leiden und Unbilden auf beiden Seiten ihren Höhepunkt erreicht haben. Wir benöthigen eine raſe und entſchiedene Hilfe von Seite der Großmächte, mit einer anderen iſt uns nicht gedient. Sind die Mächte nicht in der Lage, eine ſolche Hilfe uns zu gewähren, ſo mögen ſie uns unſerem Schi>ſale überlaſſen. Wir ſind überzeugt, daß uns kein Schreiben, ſei dasſelbe an wen immer gerichtet, wel<hes niht mit Schwert und Blut geſchrieben iſt, helfen kann.

Wir bedauern auch tief, daß die Abſender jenes Schreibens unſere freie Bewegung verhindern wollen.

Man ſagt, die Mächte mußten die Ehre und Unabhängigkeit des Sultans ſchügen ; wir glauben, die Mächte hätten auch die Ehre und den freien Willen jener Staaten ſhüßen follen, welhe uns zu Hilfe kommen wollten und ſollten. Dem iſt

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aber niht ſo. Während die Unabhängigkeit des Sultans geſhüßt wird, werden die <hriſtlichen

- Völker in Bosnien und der Herzegowina in die

ſchwerſten Ketten geſchlagen, ſowie auch die Staaten, welche mit mehr Recht „Staaten“ heißen, als der Stambuler Staat.

Erhabener Herr! Aus dem nach Conſtantinopel geſhi>ten Briefe, ſelbſt wenn ihn der Sultan angenommen, erſehen wir, woran wir ſind. Die Türken in Bosnien und der Herzegowina lachen na< wie vor über ſolche Briefe, ſagend: „Niemals kann das Kreuz dem Koran gleihgeſtellt werden; die Giaurs können nie mit den Nachfolgern des Propheten gleichberechtigt ſein !“

Erhabener Herr! Du warſt gnädiglih uns gegenüber, übergieb dem Kaiſer und König von uns unſeren wärmſtenDank für den uns gewährten Schuß und Hilfe; gleichzeitig bitte aber auh den Kaiſer, Allerhöchſtderſelbe möge auh in Zukunft unſeren Familien Schuß und Hilfe niht verſagen. Wir, die wir bald nah der Heimat zurü>fehren werden müſſen, um dort entweder die Freiheit oder das Grab zu finden, bitten Dich, Du mögeſt uns die Waffen zurü>erſtatten laſſen, die wir beim Uebertritte auf dieſe Seite den Behörden abliefern mußten; deun in den Waffen liegt, wenn niht die Rettung, doch die Gewähr, daß wir niht ungerächt ſterben werden.

Wir verbleiben in der feſten Zuverſicht, daß dieſe unſere traurige Bitte von Dir gnädiglih aufgenommen und Seiner Majeſtät dem Kaiſer und König je eher zugeſtellt werden würde

Im Namen der bosniſchen Flüchtlinge: Baſſo Vidowitſch. Jlija Bilbija. Jovo Bilbija. Spaſſoje Babitſch. Chimo Stefanowitſ<h. Bozo Ljuboja. Stojan Vut\henowitſ<. Riſto Dukit \<{<. Pane Nikolit\<. Mita Surban. Miloſh Roditſch. Marko Pengerit\<. Pope St. Popowitſ\c. Pope Teſets Petkowit\<. M. Smitran. Simo Somber. Pope JFgnatje Popowitſ\<. Gjuro Marjanowitſ<h. Bozo Davidowitſ<. Dragoje Bralitſ<. Zwojo Motaul. Gjuro Lendit\<,“

Der Kriegslärm in Herbien.

Während in Bosnien und der Herzegowina das Feuer der Juſurrection allenthalben fortglimmte und bald hier bald dort zu hellen Flammen aufſhlug, ſteigerte ſi< in Serbien die Gefahr eines allgemeinen Brandes.

Ju Belgrad wurde die Stimmung immer

friegeriſcher. Fürſt Milan erklärte dem Fürſten Wrede gegenüber: daß er niht mehr, wie es bisher geſchah, irgend welche bindende Zuſage über die Haltung Serbiens machen könne.

Auch in Conſtantinopel re<nete man be-