Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

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rei< auserſehen. Worin dieſe Demonſtration beſtehen ſollte, iſ unbekannt; aber dieſelbe mußte ſehr große Dimenſionen angenommen haben, denn die Regierung ſchien ſließli< gegen die demonſtrationsſüchtigen Herren eingeſchritten zu ſein. Da faßten dieſe den Plan, eine Regierung, welche ſich einem #o patriotiſchen Werke widerſetzte, zu ſtürzen. Es erfolgte der Aufzug zum Stadthauſe, um die Republik zu proclamiren, bis endlih das Erſcheinen einiger Compagnien Dorobanten dem Putſche ein jähes Ende bereitete.

Aus der Affaire leuchtete nur ein Umſtand ſehr deutlih hervor — der intenſive Haß der ſogenannten rumäniſchen Nationalpartei gegen Oeſterreih. Schon ſeit Langem wußte man davon zu erzählen, es bereiteten die Patrioten der Moldau in der Metropolitankirhe von Jaſſy für deu Tag, da in Czernowitz das Denkmal der Auſtria enthüllt werden ſollte, einen Trauergottesdienſt für den Hoſpodaren Demeter Ghik a, der lieber den Tod erlitt, als daß er in die Abtretung der Bukowina an Oeſterreich einwilligte. Und ſeitdem verging nicht ein Tag, an dem niht die rumänihen Zeitungen aller Schattirungen von Schmähungen gegen Oeſterreih ſtroßten, an dem ſie niht die Abtretung der Bukowina an Oeſterreich als ein Verbrechen, als einen Verrath an der edlen rumäniſchen Nation bezeihneten. Und dieſe ewigen Heßereien trugen ihxe Früchte. Freilich vertrat der Haufe, der das Bukareſter Rathhaus ſtürmen wollte, niht die Regierung des Fürſtenthums; aber die Roſetti und Bratiano, welche als die Chefs der „Rothen“ gelten, waren vor Jahr und Tag am Staatsruder und nichts ſtand dafür, daß die Herren niht in Kurzem wieder zu den „kuruliſhen Stühlen“ (Ehrenſißzen) gelangten.

So erntete Oeſterreich den erſten Lohn für die Liebesdienſte, die Graf Andraſſy den Rumänen bei ihrem Beſtreben, ſi< gänzlih von der Pforte unabhängig zu machen, erwies. Und wenn Oeſterreich ſeine Politik gegenüber den Vaſallenſtaaten der Türkei auh nicht ändern wollte, mußte es ſi< doh der einen Flluſion entſchlagen, jene halbciviliſirten Völkerſchaften an der unteren Donau dur< freundnachbarlihes Entgegenkommen für ſi „moraliſh“ zu erobern.

Erſt im Anbeginne des Juli gelang es Oeſterrei, die Unterhandlungen über die HandelsConferenzen mit Rumänien, die zur neuen Seeſchlange zu werden drohten, zu Ende zu führen. Die unter verſchiedenartigen Schwierigkeiten begonnenen und fortgeführten Unterhandlungen wurden beendigt und der von Graf Andraſſy und Herrn Coſtaforu unterzeichnete Vertrag dur eine fürſtlihe Botſchaft am 4. Juli der rumäniſhen Kammer in Bukareſt vorgelegt. Nachdem einmal die Unterzeichnung beiderſeitig

erfolgt war, konnte die ſchließlihe Ratification auf keine ernſtlihen Hinderniſſe mehr ſtoßen, denn es mußte doh vorausgeſeßt werden, daß die Bedenken, welche in Oeſterreih wie in Rumänien gegen dieſe oder jene Beſtimmung der Convention beſtanden, beſeitigt wurden, ehe die beiden Miniſter ihre Unterſchrift unter das Actenſtü> ſezten. Dies galt zunächſt von der freien Ausfuhr des rumäniſchen Getreides, wel<he von Bufareſt aus als Grundbedingung der Convention aufgeſtellt und namentli<h von ungariſcher Seite hartnä>ig bekämpft worden war.

Graf Andraſſy wax es, der die Fnitiative der directen Verhandlungen mit Rumänien ergriffen hatte, und zwar geſtüßt auf den Pariſer Bertrag, welcher den Donau-Fürſtenthümern, unbeſchadet der Suzerainitätsrehteder Pforte, in Handels8angelegenheiten die Autonomie gewährleiſtete. Die Pforte war anderer Anſicht ; ſie wollte dieſe Autonomie nicht ſo verſtehen, daß daraus den Fürſtenthümern das Recht erwachſe, internationale Handelsverträge ſelbſtſtändig abzuſchließen. Es war dies nun eine Auffaſſung, welche den Begriff der Autonomie auf Null zurügeführt und die betreffende Beſtimmung des Pariſer Vertrages ilſuſoriſ<h gemacht hätte; denn zu was ſoll eine Autonomie in Handels-Angelegenheiten dienen, wenn ſie niht geſtattet, die Handelsbeziehungen mit dem Osmaniſchen Reiche, wie auch mit dem Ausland zu regeln? War übrigens eine Juterpretation der beſagten Beſtimmung am Plate, ſo war es ſiher nicht an der Pforte, aus eigener Machtvollkommenheit, gleihſam in erſter und leßter Juſtanz dieſe Jnterpretation als eine unanfehtbare und unwiderrufliche zu geben.

So hatte au<h Graf Andra ſ\y, unterſtüßt von den Vertretern der deutſchen und ruſſiſchen Regierung, die Sache aufgefaßt. Er beſtand auf dem in dem Pariſer Vertrage begründeten Rechte Rumäniens, und indem er der Pforte ſeinen, ſowie ihren Standpunkt klar machte, eröffnete er dieſer einen Ausweg, damit» ſie, ohne offene Schädigung ihrer Suzerainitätsrechte niht in die Lage komme, einen Widerſtand zu leiſten, über den man von Seite Oeſterreih-Ungarns völlig berechtigt und entſhloſſen war, zur Tagesordnung überzugehen.

Graf Andraſſy war bereit, in Conſtantinopel die officielle Mittheilung zu machen, daß er mit Rumänien eine Handels-Convention abzuſchließen gedenke. Sollte nun die Pforte der Anſhauung huldigen, daß Rumänien das Recht nicht habe, ſelbſtſtändig mit Oeſterreih-Ungarn zu unterhandeln, ſo bliebe es ihr unbenommen, Rumänien in einer beſonderen Erklärung Vollmacht zu ertheilen; wenn niht, ſo werde man au< ohne die Vollmacht der Pforte unterhandeln und beſchließen. Die Pforte fand es für angemeſſen, dieſem vernünftigen Rathe niht zu