Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

um Getreide ſhi>en müſſen. Mit der Viehzucht beſchäftigen fi<h mehr die Bewohner der nordöſtlihen und gebirgigen Diſtricte, und ihren Handel treiben die Herzegowiner vermittelſt Raguſaner Handelshäuſer - mit Trieſt und Venedig, wohin ſie Wachs, Wolle, rohe Häute und Vieh ſenden und dagegen Tuch, Leinen, baumwollene und ſeidene Stoffe, Stahl, Zinn, Zu>er, Kaffee 2c. erhalten.

Die Erzeugniſſe der Gewerbe und Manufac-

turen ſtehen no< auf ſehr tiefer Stufe, be- -

ſchränken ſih auf die häuslichen Bedürfniſſe, und es iſt keineswegs richtig, wie wiederholt behauptet worden iſt, daß man in Moſtar \{<öne Säbelklingen ſhmiede. Ueberhaupt, was Metalle betrifft, ſo finden ſi< ſole“ niht in der Herzegowina, und was man von reihen Silber-, Eiſen- und Kupfererzen, von Flüſſen mit Goldſand 2c. erzählt, gilt Alles von Bosnien und niht von der Herzegowina, die dagegen rei<h an Marmor und Steinfohlen iſt.

Die Bevölkerung der Herzegowina beläuft ſich auf 300.000 Seelen und iſ faſt ganz ſerbiſch. Viele der vornehmen ſerbiſchen Familien, welche bei der Eroberung des Landes durch die Türken ihre Vorrechte zu verlieren fürchteten, wurden genöthigt, den Jslam anzunehmen; darum trifft man ſelbſſt unter den Begs, Agas, Spahis, Mullahs, Effendis 2c. die größtentheils rein \erbiſchen Familien der Ljubowitſ<, Philipp owitſ<, Babitſch 2c. Eigentlihe Türken finden ſi<h mehr unter den Spahis (Beſißern von Kronſehen, Grundherren) und als. Garniſonen in den Feſtungen Moſtar, Trebinje, Klobuk, Stola, Nikſic, Kudaſin, Klinß und Gla{nos, und ein kleiner Theil derſelben lebt auf n Dörfern unter dem Namen Balis, beſonders im Kreiſe Dewno, der die gleihnamige Stadt beſißt, das alte Dalminium, einſt die Hauptſtadt Dalmatiens, das von ihr den Namen hat. Von den 300.000 Einwohnern gehören 60.000 dem Fslam, 50.000 der römiſch- und 190.000 der griechiſh-katholiſchen Kirche an. Die Türken haben drei Muſftis (Oberprieſter), denen die höhere geiſtlihe Verwaltung obliegt, die Katholiken zwei Bisthümer, das von Bosnien für die nördlihe und das von Trebinje für die ſüdlihe Herzegowina, und die Griechen ſtehen unter dem Biſchof von Moſtar.

Eine eingehende Schilderung des Verhältniſſes zwiſchen den Begs (Herren, Stadtgebietern) und den Rajahs in der Herzegowina wird unſeren Leſern die Grundurſachen der fortwährenden Unruhen und Aufſtände ziemlich erklärli<h machen.

Die Türken hielten ihren Einzug in Bosnien um 1463, in der Herzegowina zwanzig Fahre ſpäter. Jhrem Syſtem getreu, boten ſie den Mitgliedern der unterworfenen Slavenſtämme, welche ſich zum Fslam bekehren wollten, volle Gleich-

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berehtigung an; die übrigen wurden Tributpflichtige. Die beſiegten Chriſten waren theils Magnaten (dem Herrenſtand Angehörige), theils Bauern. Von den Erſteren wanderte ein Drittel nach Oeſterreih aus, ein anderes Drittel ging in den Kämpfen zu Grunde, das lette Drittel nahm den Jslam an. Die Bauern zogen gleichfalls zum Theil nah Oeſterreich, die übrigen blieben faſt alle Chriſten und ergaben ſi< darein, den Tribut zu zahlen. Jhre früheren Magnaten und zugleich diejenigen ihrer früheren bäueriſhen -Mitbrüder, welche zum Mohammedanis8mus übergingen, wurden jeßt ihre Herren. Man nannte ſie, die Bauern, „Rajahs“, während die Sieger und Renegaten „Capitaine“ und „Begs“ wurden. Dieſe Lebteren nahmen - den Tribut in Empfang und zum Erſa dafür leiſteten fie mit ihren mohammedaniſhen Mannen dem Sultan Kriegsdienſte, während die Rajahs dienſtfrei waren ; der Tribut iſt eben nominell der Erſaß, den der unterworfene Ungläubige dafür zahlt, daß er nicht in den Krieg zu ziehen braucht.

Die Be gs hatten die patriarcaliſhe Herrſhaft über ihre Rajahs. Sie bilden eine Kaſte ; fie gingen zum Fslam über, eben, um die herrhende Kaſte zu bleiben, und der ganze Charakter ihrer Herrſchaft iſ nun der eines Funkerthums, dem der Religionsunterſchied nur zu no< ſ{<ärferer Abgrenzung nah unten diente. Dem entſprechend ſind ſie auh die eigentlihen Pfeiler des Fslams geblieben, die verſto>teſten. Vorkämpfer der Orthodoxie, welhe fi< 1831, als Sultan Mahmud die Verfaſſung der Türkei abändern wollte, mit den Arnauten (Albaneſen) zuſammen ſogar gegen die Pforte erhoben. Die Erſcheinung, daß der Jslam eine ariſtokratiſhe Kirche bildet, findet ſi< eben nux in Bosnien und Umgebung ; der Beg ſieht au<h auf den gewöhnlichen Türken mit einer gewiſſen Geringſhäßung herab.

Bis gegen 1520 behielten die Rajahs ihren Grundbeſiz. Dann aber begannen zweihundert Jahre lang die Züge der großen türkiſchen Armeen gegen Ungarn und Oeſterreih, und mit den Soldaten kamen die Plünderung und die Peſt. Die Rajahs ſtarben maſſenhaft, und was nicht ſtarb, wanderte aus. Als das Land ſi< wieder beruhigte, nahmen die Begs das herrenlos gewordene Land ganz für ſi<h in Beſiß. Fm Frieden, der 1739 zwiſchen dem deutſchen Kaiſer und dem Sultan zu Stande kam, wurde feſtgeſetzt, daß die Rajahs heimkehren und ihren Boden wieder erhalten ſollten. Viele waren zu mißtrauiſh, nur ein Theil ging in die alten Wohnſize zurü>. Dieſe aber waren meiſt genöthigt, mit den Beg2, die das Land nicht herausgeben wollten, fi< zu vergleichen, und ihre Armuth zwang ſie, die Bedingungen der Lebteren anzunehmen. Die Rajahs wurden förmli<h Leibeigene; man gab ihnen den Boden wieder, mai

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