Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

9. Der Zehnte; dieſer iſt bei Gelegenhéit der Reiſe des Sultans im Jahre 1867 mit einer Uebertaxe belegt worden und beträgt in Folge deſſen ein Achtel der geſammten Ernte an Früchten, Futterkräutern, Tabak, Wein, Getreide u. ſt. w. Die Regierung verſteigert das Recht, den Zehnten zu erheben, an den meiſtbietenden Steuerpächter, und dieſer ſaugt daun natürli< den Steuerpſlichtigen rü>ſi<tslos aus. Man beklagt ſih darüber ganz beſonders, daß die Steuereintreiber alle Shäßungen, Ouittungen 2c. in der den Rajahs völlig unverſtändlihen türkiſchen Sprache ausſtellen, wodurch die Lebteren allen Erpreſſungen- gegenüber ganz hilflos ſind.

4. Der Broe, eine beſondere Steuer auf Farbpflanzen. :

5. Das Uerbatico, Weideſteuer, vier Piaſter von jedem Rinde, das auf den Gebirgs-Ländereien weidet, deren Beſiß der Staat ſi zuſchreibt.

6. Die Porez, Großviehſteuer ; ſie exiſtirt nur da, wo der glei<h zu erwähnende „Rad“ nict eingeführt iſt; 10 bis 15 Piaſter auf den Kopf.

7. Resmi-agnam, die Steuer auf Kleinvieh, 2 Piaſter vom Stü.

Die Inſurrection in

Die erſten Nachrichten über den neueſten „Aufſtand“ in der Herzegowina waren freilih theils zu mager, theils zu tendenziós, als daß man ſi< glei< ein klares Urtheil darüber bilden konnte. Manche wollten den ganzen Spectakel auf eine von den ſhon oft dageweſenen Grenzſtreitigkeiten zwiſhen den Moslem und „Giaur“ (Ungläubigen) an der Narenta zurü>führen. Vorderhand ſollten blos zwei Compagnien Linie von Raguſa abmarſchirt ſein und die Türken ſi< zurü>gezogen haben. Gelang es, den Putſch zu localiſiren, ſo hoffte man, daß die vielleicht von ſüdſlaviſhen Emiſſären inſcenirte Geſchichte um ſo ſ{<neller zu Ende ſein würde, als ja Oeſterreich hier die Leitung der Ereigniſſe großentheils in der Hand hatte.

Bemerkenswerth gerade für dieſen Moment war die Ernennung des Fürſten Nikolaus Wrede zum diplomatiſchen Vertreter Oeſterreichs in Serbien. Dieſe Ernennung ſollte, wie man vielſeitig annahm, nichts mehr und nichts weniger bedeuten, als daß Oeſterreich und Rußland, \owie ſie in ihren Beſtrebungen zur Aufrehthaltung des Friedens Hand in Hand gingen, auh eine gemeinſame Orient-Politik befolgen wollten. Das Drei-Kaiſer-Bündniß beſaß in dem Fürſten einen warmen Anhänger. War dem wirklich ſo, daun hoffte man, daß der Funke, welcher eben da unten in's Pulverfaß fliegen ſollte, niht zünden würde.

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8. und 9. Schwei ne- und Bienen ſteuer, 4 bis 10 Piaſter von jedem Schwein, 4 Piaſter

von jedem Bienenſto>.

10. Der Rad, Arbeitsſteuer. Man nimmt an, daß ein Mann, der ein Pferd beſißt, jährlich 2500 Piaſter erwerben kann, und daß einem, der vlos auf die Kraft ſeiner Arme angewieſen iſt, wenigſtens 1000 Piaſter zu verdienen möglich ſei. Nach dieſer Taxe nun belaſtet man ihn mit einer Steuer von einem Vierzigſtel ſeines angeblichen Einkommens, einerlei, ob er es wirkli< verdient oder nicht.

Endlich muß der Bauer an der Staatsſtraße arbeiten, nominell gegen Entſchädigung, und vier bis acht Tage jährli< ; in Wirklichkeit aber länger und unentgeltlih. Ferner wird er zum Transport von Armee-Material und ähnlichen Frohndienſten herangezogen.

Die lebhafteſten Klagen werden, wie {hon erwähni und wie allgemein bekannt, niht über die Steuer ſelbſt, ſondern über die Art der Eintreibung dur die Steuergerichte geführt. Man begreift, daß dieſe zu endloſen Härten und Erpreſſungen Veranlaſſung geben kann.

ihren Anfängen.

Unter den manqerlei Verſionen, mit denen man das Aufflzmmen des Aufſtandes erzählte, war die folgende eine der bemerkenswertheſten.

Jm December des Jahres 1874 hatten, ſo erzählte man, etwa zwanzig Chriſten aus der Umgegend von Neveſinje, die von den türkiſhen Behörden wegen Ermordung eines Mohammedaners und auh wegen verweigerter Steuerzahlung verfolgt wurden, ſi< na< Montenegro geflüchtet. Da es ihnen daſelbſt angeblih niht gefiel, baten ſie im Frühjahre 1875, in die Heimat zurü>fehren zu dürfen. Derwiſch Pa <a, der Generalgouverneur von Bosnien, lehnte jedo<h das Geſu<h ab, worauf ſi< die Rajahs direct an die Hohe Pforte wandten, die ihren Bitten au<h Gehör ſchenkte.

Fm April kehrten ſie na< Neveſinje zurü, wo ſie ſih aber bald ſo ungeberdig zeigten, daß die Localbehörden gegen ſie einſchreiten mußten. Namentli< verweigerten ſie, irgend ein Uebereinkommen wegen Bezahlung der rüſtändigen Steuern einzugehen. Ein auh bei den Chriſten ſehr angeſehener Mohammedaner, Haidar Bey Chenghit\<, wurde eigens aus Serajewo als Vertrauensmann zu ihnen geſchi>t, um fie zu einem gütlichen Ausgleih zu bewegen. -

Als ſeine erſte Miſſion geſcheitert war, wurde er no<hmals, und zwar in Gemeinſchaft mit einem orthodoxen Chriſten, Petrarchi Effendi, zu