Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

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dem ſi< Taſſowitſchi und Biljani ebenfalls angeſchloſſen, zwiſchen den Flüſſen Krupa und Bregawa. Jedes Zurü>weihen der Türken verſchaffte den Herzegowinern neuen Zuzug. Dieſelben waren gut bewaffnet, während ſi die osmaniſhen Truppen in einem elenden Znſtande befanden. Bosnien war no< ruhig, dagegen verlautete von einem Aufſtande der Obranzen im weſtlichen Albanien. N R Regierung traf {hon jebt die Strafe dafür, daß ſie die bosniſhen Bahnen “niht baute; während ſie ſonſt leiht Truppen E befördern fönnen, mußten dieſelben anſtrengende EE auf elenden Straßen machen.

Nah dem Scharmützel bei Neveſinje machte die türkiſhe Regierung einen erfolgloſen Verſuch, die aufſtändiſchen <riſtlichen Dorfbewohner auszuſöhnen und zur Niederlegung der Waffen zu- beſtimmen. Am 16. Juli rü>ten in Moſtar zwei Tabors türkiſher Truppen aus Serajewo ein. Jm Uebrigen war die Bewegung unter der <riſtlihen Dorfbevölkerung noh auf wenige kleine Ortſchaften beſhränkt. Troß aller Schönfärberei jedoch, war der Aufſtand der ſteuerverweigernden Rajahs fortwährend im Wachſen und die türkiſhe Garniſon von Moſtar, welche gegen die Empörer ausgeſchi>t worden, zu ſ{wa<, um der Bewegung Herr zu werden. Die Revolte, welche diht an der dalmatiniſhen Grenze, in Metkovich, ihren Urſprung genommen, dehnte ſih ziemli<h raſh auf die nordöſtlih gelegenen Diſtricte in nächſter Nähe von Moſtar aus, und die türkiſchen Truppen wurden aus Neveſinje, wo ſie ſich feſtgeſeßt hatten, verdrängt. Selbſt Derwiſch Paſcha fing in Serajewo bereits an, unruhig zu werden und erbat ſi< von Conſtantinopel die Ermächtigung zu ſelbſtſtändigem energiſchen Vorgehen. Er ſchi>te vorläufig aus ‘der Hauptſtadt des bosniſchen Vilajets alle verfügbaren Truppenbeſtände na<h Südweſten ab, um zunächſt das von den Auſfſtändiſchen bedrohte Moſtar zu halten.

Die Türkei ſuchte, aus begreiflihen Gründen, den Aufſtand uo< immer als durchaus bedeutung8los hinzuſtellen und die europäiſhe Diplomatie fingirte eine Gleichgiltigkeit, welhe bewies, daß ihr die Geſchi>e des Türkiſchen Reiches keine große Theilnahme mehr einzuflößen vermochten. Nach und nah erfuhr man auh, daß die Bewegung ſhon im Frühjahre hätte ausbre<hen ſollen, daß man ſie aber bis zur Zeit nah der Ernte vertagt hatte.

Der Aufſtand, den man bisher kaum als einen dunklen Punkt am politiſchen Horizont betrachten wollte, begann eine immer unheimlichere Geſtalt anzunehmen. Man hatte geglaubt, die unter den chriſtlichen Bewohnern jener türkiſhen Provinz ausgebrochene Einpörung werde auf das urſprünglihe enge Gebiet beſhränkt bleiben und ſo leiht von der türkiſhen Uebermaht niedergeworfen

werden können; dies wurde aber immer unwahrſcheinlicher. Die montenegriniſheRNegierung zeigte freili< den ernſten Willen, die Zuzüge ihrer Unterthanen zu den Aufſtändiſchen zu verhindern, aber es wurde immer fragliher, ob ſie dies, namentlih anläßli<h des zu gewärtigenden Vorbéimarſches der aus Monaſtix anrückenden türkiſchen Truppenverſtärkungen, im Stande ſein werde. Ju Zavala in Montenegro hatte auh \{<on eine Volksverſammlung ſtattgefunden, in welcher beſhloſſen worden ſein ſollte, für die Fnſurgenten Partei zu ergreifen. Beſtätigte ſih dies, dann hatte man ſi hinſichtlich der Möglichkeit, den Brand zu localiſiren und ihn ſo im Keime zu exſti>en, getäuſcht und eine ernſtere Wendung dex Ereigniſſe war mindeſtens zu befürhten. Fn Conſtantinopel wurde offenbar viel Zeit verloren, gleihſam als überließe ih die Hohe Pforte der fataliſtiſhen Ueberzeugung, daß, geſchehe von ihrer Seite auh was da wolle, die Dinge troßdem den vom Schi>kſal längſt vorgezeihneten Lauf einſhlagen würden.

Am 12. Juli trat in der Reſidenz des Sultans Abdul Aziz ein Miniſterrath zuſammen, welcher über die Maßregeln beſchließen ſollte, mit denen der Juſurrection ein Ende zu machen wäre. Die Meinungen waren getheilt. Der Kriegs miniſter wollte den Belagerungszuſtand über die Herzegowina, Bosnuien, Bulgarien und Albanien verhängen, aber der Großvezier widerſeßte fi<h dem. „Man muß mit Mäßigung vorgehen !“ ſpra<h er. — Der Miniſter des Aeußeren las eine an die Vertreter der auswärtigen Mächte gerichtete Note vor, in welher ex Serbien und Montenegro für die Fnſurrection verantwortlih erklärte und mit bitteren Worten das Benehmen dieſer zwei Vaſallenſtaaten tadelte, welche dur< ihre Emiſſäre die friedlichen Unterthanen der Pforte aufhebten, die Steuerzahlung zu verweigern und welche den Verirrten mit Rath und That beiſtänden und ihnen moraliſche, ſowie materielle Unterſtüßung angedeihen ließen. Die ottomaniſhe Regierung will die Aufmerkſamkeit der Mächte auf dieſe „Thatſachen“ lenken und ankündigen, daß ſie kraft der Verträge und Capitulationen erforderlichen Falles Belgrad und Montenegro militäriſ<h werde beſezen laſſen. Der Miniſter des Aeußeren verlas ferner eine Note an den- öſterreichiſchen G eſandten, in welcher ſi< die Regierung des Sultans über die Aufnahme beſhwert, welche die Fnſurgenten in Dalmatien fänden, und über die leihten Communication8mittel, wel<he ihnen an der öſterreichiſhen Grenze zu Gebote ſtänden.

Der Aufſtand gewann immex mehr Kräfte; das bewies der Umſtand, daß am 23. Juli diè Jnſurgenten, bei Neveſinje von den Türken angegriffen, einen ſehr hartnä>kigen Kampf beſtanden, bei welchem es auf beiden Seiten zahlreiche Todte und Verwundete gab; daß am darauffolgenden