Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

Neviſinje und Drenovate abermals gekämpft und den Türken 3 Geſhüße und 80 Hinterladgewehre abgenommen. Popowopolje war auch ſhon inſurgirt und 700 Mann beabſichtigten, die Straße. nach Trebinje zu beſehen. Die Jnſurgenten hofften, daß auch die Bewohner von Suma und jéne längs der Grenze Montenegros ſi< im Verlaufe der nächſten Tage ihnen anſchließen und es ſo ermöüglihen würden, Trebinje zu belagern.

Den erſten Gerüchten, daß Trebinje von den Fnſurgenten eingeſchloſſen wäre, wollte Niemand Glauben ſchenken. Trebinje iſ im Süden der Herzegowina, niht weit von der montenegriniſhen Grenze gelegen. Die Stadt hat 10.000 Einwohner und war früher der Hauptort der Herzegowina. Aus jener Zeit datiren die Befeſtigungswerke der Stadt, beſtehend in einer Ringmauer und mehreren Thürmen. Es war Thatſache, daß die Stadt von den Herzegowiner Aufſtändiſchen belagert wurde. Eine mehrere tauſend Köpfe zählende Fnſurgentenſchaar hatte Trebinje nah einem hartnä>igen Kampfe eingeſ{hloſſen und die Einnahme desſelben ſcheint den Aufſtändiſchen zweifellos. Es mußte ſ{limm um die türkiſhe Wehrmacht beſtellt ſein, wenn die faiſerlih-ottomaniſhen Truppen niht mit einer Bewegung fertig werden konnten, die ſi<h, Alles in Allem genommen, auf einen Raum von nicht hundert Quadratmeilen erſtre>te.

Allerdings beſtand die Friedensgarniſon der Herzegowina nur aus folgenden Truppenkörpern : Fn Moſtar 1 Alaj (Regiment) FJufanterie zu 2 Tabor (Bataillonen); das dritte zu dieſem Alaj gehörige Tabor iſ in einigen Grenzforts compagnieweiſe, wie z. B. in Zarina bei Raguſa u. ſt. w. vertheilt; ferner eine Gebirgs8batterie zu 4 Geſhüßen Zpfündig, Syſtem Witworth. Jn Trebinje: 1 Tabor Jäger und 2 Gebirgs8geſchüte. Jedes Tabor zählt $ Bölük (Compagnien) zu 50 Mann; die reguläre Garniſon des Landes zählte ſona<h bei Aus8hruch des Aufſtandes blos 4 Tabor zu 400 Mann, zuſammen 1600 Mann Junfanterie und Jäger und 6 Gebirgsgeſchüße. Außerdem befinden ſih aber no< etwa 400 Mann Zaptichs (Gendarmen) als Executivorgane der Regierungsbehörden im Lande vertheilt. Vei dem Beginne der Bewegung wurden von Derwiſch Paſcha, dem Vali von Bosna (Bosnien und Herzegowina), der ſeinen Siß in Serajewo hat, ein Regiment mit zwei Geſchüßen aus Bosnien in die Herzegowina dirigirt und aus dem Vilajet Skodra (Nord-Albanien und Skutari) noh weitere größere Verſtärkungen angeſucht.

Derwiſch Paſcha hatte wiederholt ‘im Laufe der lebten vierzehn Tage ‘die Dringlichkeit der ſofortigen Abſendung von Truppen in Conſtantinopel ſcharf betont, war aber troy alledem von dort nicht einmal einer Antwort, und wäre es auch nur einer ablehnenden, gewürdigt worden. Die

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Streitkräfte, über welche er disponirte, waren niht einmal feldmäßig -ausgerüſtet und bedeutende Theile von ihnen lagen als Beſaßungen in den befeſtigten Punkten. Der Reſt reihte freili< niht hin, um den Aufſtändiſhen trot ihrer eigenen wenig imponirenden Stärke und mangelhaften Ausrüſtung die Stirne zu bieten. Und doh hätten ſhon ſeit drei Wochen aus Albanien und Bulgarien genügende Verſtärkungen zu Derwiſch Paſcha dirigirt werden können, wenn es Conſtantinopel beliebt hätte, von deſſen dringenden Reclamationen und ſeiner Situation Notiz zu nehmen. Endlich faßte Derwiſch Paſcha ſih in Erſchöpfung ſeiner Geduld ein Herz und ſchritt, unbekümmert um den Kreis der bei der Pforte vorherrſchenden Reflexionen, auf eigene Fauſt zur rettenden That, indem er, auf alle weiteren Anfragen und Anſuchen in Conſtantinopel verzichtend, aus eigener Machtvollkommenheit einige Bataillone Nedifs, etwa zwei- bis dreitauſend Mann einberief. Wie lange es brauchen werde, bis dieſe Verſtärkung ihm in leiſtungsfähiger Weiſe verfügbar werde, war bei dem in ſeinem Generalate ſih ſehr fühlbar machenden Mangel an Ausrüſtung8materiale und Verpflegsartikeln gar nicht abzuſehen. “Der Mangel an Geld ſchien aber niht blos bei Derwiſch Paſcha ſeine fatale Nolle zu ſpielen; maßgebende Stimmen waren

der Anſicht, daß dasſelbe Uebel bei der Pforte

auf ihr negatives Verhalten gegenüber dem Drängen Derwiſch Paſchas, wie überhaupt auf ihr paſſives (Beſammtbenehmen von hbeſtimmendem Einfluſſe wäre.

Die Schwerfälligkeit und Nachläſſigkeit, welche ſich in allen und jeden Maßregeln der türkiſchen Regierung kundgab, that auh hier das Jhre, den Funken zux hellen, verzehrenden Flamme anwachſen zu laſſen.

Die Verbindung des nahe der montenegriniſhen und der dalmatiniſhen Grenze gelegenen Trebinje mit der Türkei war nie die beſte, und der Entſatz der Feſtung durch türkiſche Truppen mußte eine geraume Zeit erfordern, wo niht etwa öſterreichiſherſeits den Türken die Ausſchiffung im Hafen Klek geſtattet würde.

Für die Fnſurgenten war es andererſeits niht ſo ganz leiht, eine Feſtung ohne Kanonen zu erobern, und ſie hatten keine, wenn ihnen nicht etwa Fürſt Nikolaus damit aushelfen wollte. Dem Führer der Auſffſtändiſchen, dem von uns bereits erwähnten MichaelLjubobratitſ<,rühmte man übrigens nah, daß er ſtrategiſhe Kenntniſſe beſitze. Seine Familie war in Oeſterreih als eine ſolhe bekannt, deren Angehörige die Waffen zu führen verſtehen, denn unter der Kaiſerin Maria Thereſia hat eiu Hieronymus Ljubobratitſ< es vom gemeinen Soldaten, und obwohl er niht römiſh-katholiſ<hen Glaubens