Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

einer glü>li<hen Ausführung allen maßgebenden Factoren ſih klar vor Augen ſtellte. Zum erſten Male mußte jezt wieder die Frage in Betracht gezogen werden, ob Oeſterreih eine Kriegsformation einzelner Diviſionen anordnen, ob es ſeiner Wachſamkeit dur< militäriſ<he Maßnahmen Ausdru> geben müſſe.

Die Directive der öſterreichiſchen Politik hob als beſonders weſentli<h vier Punkte hervor : Erſtens: Oeſterreich bewahrt ſtrenge Neutralität gegenüber der Türkei ; zweitens : Graf Andraſſ\y wirkt mit ſeinem Einfluſſe dahin, daß auh Serbien die Neutralität bewahrt; drittens: das auswärtige Amt iſt bemüht, die Abſtellung der Mißbräuche in der türfiſhen Verwaltung zu erwirken; viertens: Oeſterreich ſucht die traurigen Folgen des Kampfes in der Herzegowina dadur< zu mildern, daß es den flüchtigen Chriſten ein gaſtfreundlihes Aſyl

eröffnet. Oeſterreich hatte damit eine überwiegend diplomatiſche Action eingeleitet; allein ſelbſt die

literariſhen Freunde der Regierung geben zu, daß in Dalmatien Verſchiebungen von Truppenkörpern ſtattgefunden hätten, um die bedrohten Grenzpunkte zu hüten, und au< das Geſtändniß wurde niht zurü>gehalten, daß Oeſterreih dur<h die Ereigniſſe zur Aufſtellung eines Beobachtungs-Corps

Erfolge der

Thatſächlih waren weder der ſerbiſche Hoſpodar no< der Fürſt von Montenegro kaum mehr im Stande, die verſprochene Neutralität beim beſten Willen aufrecht zu erhalten. Fürſt Nikolaus fonnte es nicht verhindern, daß in den leßten Tagen einzelne Shaaren montenegriniſher Freiwilligen unter der Führung der ſelbſtgewählten Anführer Zimonitſ<, Alexitſ< und Pctrowit\< ſi< über die Grenze nah der Herzegowina ſ{li<hen. Dieſelben zogen in das Lager der Aufſtändiſhen von Popowopolje, um mit dieſen vereint die Offenſive zu ergreifen. Fn Serbien wurden im ganzen Lande offene Sammlungen für die Aufſtändiſchen betrieben und es hieß, daß nur die Rückkehr des Fürſten aus Wien erwartet würde, um den Rajahs noh kräftigere Hilfe zu bringen.

Ein weiterer unerwarteter Succurs wurde den Aufſtändiſchen zu Theil. Von Laibach zogen mehrere junge Leute unter Führung eines Schriftſezers aus einer Dru>kerei, Namens Hu bmaier, als Freiwillige nah der Herzegowina. Dieſelben ſ{<lugen die Richtung nah Fiume ein, um ſich daſelbſt na< Dalmatien einzuſchiffen. Es hieß noh, daß ſi zahlreihe andere Slovenen

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gezwungen werden könnte. Das Alles deutete \<{ließli< darauf hin, daß man künftige Eventualitäten mit Ernſt und Wachſamkeit in's Auge faßte.

Es war möglich, daß die Bewegung in der Herzegowina reſultatlos erlöſche, daß nah fruchtloſem Blutvergießen die türkiſhe Mißwirthſchaft ihre alte Wirkſamkeit fortſete, ohne ſih dur<h das Urtheil Europas und die Rathſchläge der Diplomatie irgendwie geſtört zu fühlen; es war auh möglich, daß die Bewegung ſi<h auf die Herzegowina und Bosnien beſchränkte und daß demgemäß die zu erwartenden wohlthätigen Veränderungen ſi< auf die genannten Theile des türfiſchen Gebietes beſhränken würden — endlih aber war es auch denkbar, daß die Bewegung ſih fortſeßen, daß die Lawine zermalmend und vernichtend auf den morſchen Bau des türkiſchen Reiches niederrollen und daß Oeſterreih und Europa gezwungen ſein würden, ſi<h wider ihren Willen ernſtli<h mil der orientaliſhen Frage zu beſchäftigen.

Und das Lettere ſchien das Wahrſcheinlichere, denn die Nachrichten aus dem Süden lauteten immer drohender, und der Aufſtand, den türkiſche Blätter {on zehnmal als erloſhen und unterdrü>t exklärt hatten, gewann von Tag zu Tag mehr Boden.

Aufſtändiſcen.

rüſteten, um als Freiſhärler zu den Aufſtändiſchen zu eilen.

Die Erfolge der Fnſurgenten mehrten ſ\ih und alle türkiſhen Dementis waren niht im Stande, ſie ungeſchehen zu machen.

Ende Juli \ſ{lugen die Fnſurgenten im Thale bei Stolaß die türkiſhen Truppen in bedeutender Stärke und bemächtigten \ſi< des Forts Stolaß, das mit ſe<s Kanonen armirt war. Nah Hinterlaſſung von beiläufig 200 Todten und Verwundeten verließen die Türken den Kampfplaß. Ferner hatte eine Abtheilung der Fnſurgenten in der Stärke von 150 Mann unter der Anführung eines geflüchteten jungen Spalatiners, Namens Stazich, der ehemals der öſterreichiſhen Armee als Unteroffizier angehörte, die den türkiſchen . Agas gehörigen Mühlen von Strughe an dem Fluße Krupa ohne Gefeht in Beſiß genommen, weil die Agas dieſelben {ließen ließen, um zu verhüten, daß den Rajahs das Getreide gemahlen würde. Die türkiſchen Truppen ſte>ten dafür drei den Chriſten gehörige Ortſchaften in Brand.

Jn den erſten Tagen des Auguſt wurde längs des linken Narenta-Ufers, dann in Krupa, Stola,