Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

geneigte öſterreihiſhe Regierung dies geſchehen ließ. Am 10. Auguſt kamen neuerdings - zahlreihe wohlbewaſſnete Serben in Trieſt an, um von dort nah der Herzegowina abzureiſen. Dieſelben ſollten, wie eine überſ<hwängli<he Phantaſie erfand, unter den Reiſekoffern und Gepä8ſtücken leichte, handlihe Gebirgskanonen(!) nebſt Schießbedarf mitgeführt haben. Die Aufregung im Süden war im entſchiedenſten Wachſen.

Ein harter Schlag für die Türken war es, daß der Aufſtand ſi< auh über das, nur acht Meilen breite Terrain zwiſchen Montenegro und Serbien ausdehnte. Von Golaſchin brachen mehrere Banden in nordöſtliher Richtung gegen Plewlje auf, und es gelang ihnen im Zuſammentreffen mit türkiſchen Streifabtheilungen, dieOb erhand zu behalten. Charafteriſtiſ<h für den Aufſtand in dieſer Gegend war, daß in einer dieſer Banden auh türkiſ<he Begs mitfohten. Ganz beſondere Bedeutung erhielt dieſe Erhebung aber dadur<, daß das betreffende Territorium die einzige Verbindung zwiſhen Rumelien-Albanien einerſeits und der Herzegowina-B o s8nien andererſeits bildet und dur< deren Jnſurgirung der Anmarſh türkiſher Truppen und Proviantcolonnen von Monaſtir und Novi-Bazar ſo gut wie unmöglich gemaht wurde. Der wiſ< Paſcha war dadurch iſolirt, mit Ausnahme des Seeweges über die Suttorina und Klek.

Am 8. Auguſt lieferten die Fnſurgenten den türkiſhen Truppen abermals ein ſiegreihes Gefeht bei Billeshja, nördli<h von Trebinje, und am 9. wurde ein Ausfall der Beſaßung des lebtgenannten Ortes von den Auſfſtändiſchen mit Erfolg zurückgewieſen. Als Leiter der geſammten Bewegung nannte man jeßt zum erſten Male den Baron Anton Oresko witſch, ehemaligen öſterreihiſhen Hauptmann, derzeit in ſerbiſchen Dienſten.

Fn Conſtantinopel ſchien man bisher den Aufſtand immer no< nur dem äußeren Anſcheine nach beurtheilt und ſomit gründlih unterſchätzt zu haben. An Warnungen und Mahnungen hatte es freili<h {on ſeit Langem der Pforte nicht gefehlt, allein ein wahres Sprihwort ſagt, daß es keinen ſ{limmeren Blinden und Tauben gäbe, als den, der niht ſehen und hören will. Hätte der Divan (Staatsrath) ſi< bewogen gefunden, gleih auf die erſten Anzeichen der drohenden Bolfksbewegung hin ein Corps von fünf- bis ſe<stauſend Mann in die aufgeregte Provinz zu werfen, ſo würde, aller Wahrſcheinlichkeit nach, dieſe vorbeugende Maßnahme allein hingereiht haben, den Aufſtand im Keime zu erſti>en. Nun aber kamen die guten Vorſäße ziemli<h zu ſpät. Denn nach den neueſten Nachrichten vom Kriegsſchauplaße nahmen die Bewegungen der Aufſtändiſchen Formen an, welche in der That darauf ſchließen ließen, daß die Fnſurrection aus dem

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Stadium des bloßen Raufhandels herausgetreten ſei, um einen wirkli< militäriſ< geführten Aufſtand darzuſtellen.

Man hatte ſi< im Lager der Rajahs die eigenthümliche geographiſche Zuſammenfaſſung des inſurgirten Gebietes der Herzegowina (denn in Bosnien war es bisher nur zu dumpfer Gährung, niht zu offener Empörung gekommen) in unzweideutiger Weiſe zu Nußen zu machen geſuht. Die Herzegowina hängt mit den ſüdlicher und öſtlicher gelegenen Theilen des Osmaniſchen Reiches, aus welhen man in dieſe Provinz gelangen kann, durch eine verglei<h8weiſe ſ<male Landzunge, kaum acht Meilen breit, eine Art von politiſhem Défilé (Engpaß) zuſammen, welches auf der einen Flanke von Montenegro, auf der anderen Flanke von Serbien eingeſchloſſen iſt. Dieſes politiſche Défilé und ſeine gebirgigen Päſſe hatten die türkiſchen Truppen zu paſſiren, wenn ſie dem von den Junſurgenten hart bedrängten Derwiſch Paſcha Unterſtüßung bringen wollten.

Allein die Paſſage dieſer Engpäſſe war nicht ohne Gefahr für die -anrü>enden Türken, weil man des Schlimmſten gewärtig ſein mußte, \owohl von den Montenegrinern, welche den Durchzug flankirten, als von den Serben, denen man kein blindes Vertrauen ſchenken durfte. Dazu kam nun no< die erwähnte Beſetzung dieſes engbegrenzten Gebietes dur< die Aufſtändiſchen, die entſchloſſen ſchienen, jeden Durchzug eventuell heranrü>ender türkiſher Truppen mit Gewalt hintanzuhalten. Von der montenegriniſchen Grenze bei Golaſchin aus ſetzten ſi<, wie geſagt, die dort zuſammengezogenen Banden in Bewegung, um in nordöſtliher Richtung jenen Punkt zu exreichen, von dem aus man dieſen ganzen Durchweg beherrſht. Sie dirigirten ſi< ſomit alle gegen Plewlje, den Schlüſſel der ganzen Poſition, und behielten in den kleineren Rencontres mit den türkiſhen Streifcorps, welche die Päſſe zu vertheidigen ſuchten, die Oberhand — hier trat alſo zuerſt die ſtrategiſ<he Abſicht in vollfommen erkennbarer Deutlichkeit hervor, denn nur ſo gelangten die Fnſurgenten dazu, die einzige Verbindung auf dem Landwege abzuſhneiden, welhe von Theſſalien und Albanien direct nah der Herzegowina führt.

Damit blieb die Pforte auf den Seeweg angewieſen, den zu benüßen niht ohne Schwierigkeit mögli<h war. Die türkiſhen Beſitzungen treten in zwei Landzungen bis diht an das Meer heran und durhbrechen zweimal den ſ{<malen öſterreichiſchdalmatiniſhen Küſtenſtreifen. Die nördliche dieſer Landzungen, die von Klek, liegt, halb verde>t durch die langgeſtre>te Fnſel Sabioncello, ſo daß man, um zu ihr zu gelangen, die öſterreichiſchen Gewäſſer und, beim Mangel eines guten Hafens, au -einen dalmatiniſhen Ausſchiffungsplaß in Anſpru< nehmen muß, will man von dieſer