Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

feinen und hohen Geiſtes und wegen des Zartgefühles, das ihn zu allen Zeiten über das Niveau des Gewöhnlichen erhob. (Das iſt denn freili<h ein ſehr verſchiedenartiges Urtheil.)

Während an den Küſten des Schwarzen Meeres die Türken große Vortheile errungen hatten, von denen im nächſten Capitel die Nede ſein wird, erzielten die Ruſſen im Funern des Landes Erfolge, welche die der Türken um ein Bedeutendes aufwiegen ſollten.

Auf Befehl des Großfürſten Michael hatte die Achalziker Colonne, welche ſi< in der Richtung von Ard ahan forthewegte, um na< Einnahme dieſer Feſtung den Weg über Olti nach Erzerum frei zu

machen, ihren

Marſch nah Thunlichkeit zu beſchleunigen, damit die Vereinigung mit der Alexandropoler Colonne, welche eine Poſition bei Zaim hereits inne hatte, mögli<hſt raſh erfolgen könnte. Am 15. Mai war die Vereinigung wirkli< erfolgt, und zwar bei Gurdjbe>, eine halbe deutſche Meile von Ardahan entfernt, auf der Redoute ArdahanKars. Das Corps beſtand größtentheils aus Cavallerie, wel<hem ein mächtiger Belagerungs8train folgte, welches Unternehmen mit großen Schwierigfeiten verbunden war. Ueberhaupt hatte die ruſſiſhe Armeeleitung auf dem aſiatiſhen Kriegs\hauplaße mit bedeutenden Hemmniſſen zu kämpfen; die größten hot jedo< die Verpflegung. Auf unwegſamen Straßen muß jedes Pfund Brot für die Mannſchaft, jeder Centner Heu für die Pferde der marſchirenden Truppen nachgeführt werden.

Troß dieſer Hinderniſſe hatte ſhon am 13. Mai General-Adjutant Loris-Melik off eine Recognoscirung der Befeſtigungen von Ardahan vorgenommen. Der 2. und 3. Mai wurden zur Vorbereitung des Sturmes und zur Hertransportirung

Zimmermann, Geſch. des orient. Krieges.

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Prinz Heinrih VII. Reuß,

Deutſcher Botſchafter in Conſtantinopel.

von Belagerungsgeſhüßzen, das über Achalkalaki und Oltſchee kam, verwendet. Fn der Nacht vom 15. (3.) auf den 16. (4.) Mai placirte Fungenieur Oberſt Blumering die ruſſiſhen Batterien auf vom Feinde beſhießbaren und von den türkiſchen Forts leicht erreihbaren Höhen. Sowohl die Hertransportirung der Belagerungs-Artillerie aus dem Lager des Achalzik’ſ<hen Corps wie das Alexandropoler Corps bei Alages, als au<h die Placirung der Batterien konnten türkiſherſeits in {<werwiegender Weiſe geſtört und leiht möglich verhindert werden. Doch das Eine wie das Andere geſhah Nachts und mit beahtenswerther Geſchi>lichkeit und Vorſicht der Ruſſen und unerflärliher Unahtſamkeit des Feindes. Beiläufig geſagt, ließen die Türken oft die ruſſiſchen Colonnen fnapp neben ihren Forts vorbeiziehen, ohne ſie dur< einen Schuß zu beunruhigen, ohne Rükſiht darauf, daß dieſelben in weniger als einen Kanonen{<uß vorbeimar\ſhirten. Die ganze Zeit bis zum Eröffnen des Bombardements ſ<oſſen die Türken ſpärlih und \<le<t, wo möglich in der Abſicht, die Geſchoße für kritiſhe Augenbli>e aufzubewahren. So founten die Ruſſen ohne jeglihe StÖÿrung von Seite der Türken ihre Batterien bequem und ſicher placiren. Nur einmal, als ein Bataillon des Eriwan'’ſchen Regiments, das ſpäter dur ein Bataillon des Tiflis’ſchen Regiments verſtärkt wurde, die Höhen beim Dorfe Gurdſchi-Bey einnahm, wurden gegen dasſelbe von Gelawerdy aus 24 bis 30 Granaten gerichtet, ohne jedo< einen größeren Verluſt zu verurſachen. Dieſe Höhen beherrſchen die Stadt und die re<htsufrigen Borwerke derſelben, könnten jedo<h von Gelawerdy und Kas-Tapaſi beſtrichen werden. Hier wurde eine ruſſiſche Batterie von drei neunpfündigen Geſchüßen und zwei Mörſern aufgepflanzt; die Mörſer konnten

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