Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

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Abchaſiern zu ihm zu ſtoßen. Dies geſhah denn auch, indem ſieben (!) Mann aus Anapa in Suchum-Kaleh eintrafen. Die Unfähigkeit der türfiſhen Offiziere und Führer, die geiſtige und förperlihe Schwerfälligkeit des Mannſchaftsmaterials, das ſi< in dem außerordentlih ſ<wierigen Terrain niht zure<htfand, mehr aber no< der Haß und die Verachtung, wel<he niht nur die chriſtlichen, ſondern auh die mohammedaniſhen Gebirgsſtämme den hungernden und zerlumpten türfiſhen Bataillonen bezeugten, ließen Omer Paſcha über ſ<hwache Verſuche zur Offenſive niht hinausfommen. Der Waffenſtillſtand und der bald darauf erfolgte Friedens\{<luß machten ſeinem Hangen und Bangen in ſ{webender Pein ein Ende; ſeine Armee ſchiffte ſi<h na< Conſtantinopel ein.

Die Verſuche eines Angriffes gegen Tiflis waren nun neuerdings in Scene geſezt worden, was die bei Suhum-Kaleh an das Land geworfenen tauſend Tſcherkeſſen der römiſchen Kaukaſus-Armee bewieſen. Uebrigens hatte die Nachricht von dem Falle des Forts von Such u mKaleh niht nur die Bevölkerung dieſer Stadt, ſondern auch der ganzen Pontusküſte in gewaltigen Schre> verſet. Man hatte hier bis dahin ebenſoſehr auf die Uſerbatterien wie auf die im Hafen verſenkten Torpedos alle Hoffnung geſett. Fn Folge der Kataſtrophe von Suchum-Kaleh verlox man plöbli< alles Vertrauen in die Torpedos, in die Uferbatterien, wie überhaupt in die Unnahbarkeit des Hafens.

Es erübrigt nur noch einiges über Abchaſien und deſſen Bewohner ſelbſt, wel<he die Türken aufzuſtacheln im Begriffe waren, nahzutragen.

Abchaſien iſt eine von zahlreichen Bergſlüſſen durchzogene Landſchaft im ruſſiſ<hen Kaufaſien, zwiſchen 42!/,% und 40° nördliher Breite und weſtlih vom Schwarzen Meere, öſtlih vom Oſtabhange der Hauptkette des Kaukaſus begrenzt, ſüdlih bis an den Jngurfluß reihend. Das

Gebiet iſt dur< Ukas vom 21. December 1867

dem ſuchumskiſhen Militärdiſtricte zugetheilt worden. Das geſammte Gebiet bis zum Kamm des Hocgebirges zeihnet ſih aus dur< üppigen Pflanzenwachsthum, Unmittelbar am Meere verweben ſi< Geſträuche und Bäume mit Rankengewächſen zu undurchdringlihen Wänden. Eichen, rieſige Bäume mit ſüßen Kaſtanien bilden dieſe Urwälder. Jn den höheren Regionen finden ſi< Tannen, die bis in den Himmel hineinzureichen ſcheinen. Die Gegend iſt überall reizend, in den höheren Alpenregionen großartig. Bis 790 Meter Höhe kommt Mais fort. Die Temperatur iſt an der Küſte warm, fruchtbar und im Sommer drüend. Die Anſiedlungen liegen einzeln und verſte>t, nur grüne Maisfelder, deren Pflanzen höher ſind als das Dach der Häuſer, verrathen die Nähe einer menſ<li<en Wohnung.

Abchaſien war als Nachbarland des berühmten Goldlandes Kolchis (daher die Sage vom goldenen Vließe) den alten Phöniziern, Karthagern und Griechen niht unbekannt. Jm Jahre 550 nah Chriſto wurden die Abchaſen Chriſten, ſpäter erſt wurden ſie Mohammedaner, Erſt ſeit 1866 ſind die Abhaſen dem Ruſſiſchen Reiche einverleibt worden, nahdem die Ruſſen ſeit 1829 Tauſende von Soldaten gegen dieſe wilden Krieger verloren hatten. Der Hauptort iſ Ofkum mit der kleinen Feſtung Zebeldinik. Der Hafenplay Suchum-Kaleh iſt ohne Bedeutung. Die Bewohneranzahl von Abchaſien beträgt 144.346 Seelen. Sie ſind von dunkler Hautfarbe, unbändig und roh. Erſt in den letzten Jahrhunderten gelang es, dem Landund Seeräuberweſen der Abchaſen ein Ende zu machen. Mit ſaurer Mil, Maiskolben, ſhle<tem Maisbrote friſtet der Abchaſe genügſam ſein Leben. Feſtſpeiſen ſind Hirſebrei mit Käſe, geha>tes und mit Pfeffer ſtark gewürztes Schaffleiſh. Früher hatten die Abhaſen ſ<höne Kirchen, wie Baudenkmäler beweiſen. Die Samurſakanen, 9800 Seelen, ſind jezt no < Chriſten. Die übrigen Abchaſen haben eine Religion, die ein Miſchmaſch iſt aus Koran, Juden- und Chriſtenthum. Abchaſien iſt ſehr rei<h an Holz für den Schiffbau.

Uebrigens war es höchſte Zeit, daß das zur Unterſtüzung gegen Batum operirende Corps abgeſhi>t wurde. Denn die Ausdehnung des Aufſtandes im ruſſiſhen Grenzlande nördli<h von dieſer Poſition hatte ernſte Gefahren für die ruſſiſche Armee heraufbeſ<woren, denen nur dur< eine glü>li<he Offenſive gegen Batum ein Riegel vorzuſchieben war. Man nahm im ruſſiſchen Lager die türkiſchen Fnſurgirungs-Verſuche offenbar niht mehr ſo leiht wie früher. Auf der ganzen Ausdehnung von Cap Adler bis zum Cap Otſchamtſchir ſeßten die türkiſchen Schiffe das Bombardiren und Einäſchern wehrloſer friedlicher Anſiedlungen fort. An einzelnen Punkten waren frühere Au8wanderer aus dem Kaufaſus ausgeſeßt worden, welche ſi<h bemühten, die Bevölkerung Abchaſiens aufzuwiegeln und zur Erhebung zu bewegen. Zur Unterdrü>kung dieſer feindlihen Unternehmungen waren Truppen nah Abchaſien entſendet worden.

Denno< wuchs der Abchaſen-Auf ſtand fortwährend. Der Küſtenſtri<h von SuchumKaleh bis Kubans$k war inſurgirt dur türkiſhe Streifcorps, die Küſtenpunkte bis G rigorjewsk bedroht. Beamte und Einwohner flohen, viele Orte brannten.

Jn St. Petersburg hien man ſi< daher ernſteren Beſorgniſſen wegen des Aufſtandes in Abchaſien hinzugeben. Abchaſien war als der \{<wäc<hſte Punkt der Pontusküſte anerkannt. Genaue und verläßliche Berichte über die Stimmung