Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten
814
den türkiſ<hen Moſcheen ſu<ht man keine von irgend wel<her monumentalen Bedeutung. Nur ein Brunnen im Türkenviertel fällt dur< die bizarre Form ſeines kioskartigen Gehäuſes auf, welches mit den nahen Cafés u. ſt. w. dem Maler einen lohnenden Vorwurf bieten könnte. Der Uhrthurm ſteht vereinzelt auf der na>ten Höhe im Oſten der Stadt als ihr weithin ſihtbares Wahrzeichen.
Nikopolis beſißt einen kleineren, höchſt intereſſanten Kirchenbau im byzantiniſchen Style, auf deſſen Centralkuppel eine Storchfamilie ihren maleriſchen Horſt aufgeſchlagen hat. Line Reſtauration dieſer Kirche erſcheint vom kunſthiſtoriſchen Standpunkte aus höchſt wünſchenswerth und wäre, wenn bald unternommen, mit wenig Koſten verbunden. Leider iſt zur Erfüllung dieſes Wunſches geringe Ausſiht vorhanden. Ju der Stadt ſelbſt wohnen nur wenig Katholiken ; die türkiſhe Regierung und auch die ſtrenggläubig-bulgariſche Bevölkerung hegen aber niht das beſcheidenſte Fntereſſe für das „lateiniſ<he“ Monument.
Was die Bedeutung der Fortificationen anbelangt, ſo iſt Nikopolis jedenfalls zwiſchen Widdin und Ruſtſchuk der einzige Punkt, der mit einigem Recht auf den Namen einer Feſtung Anſpruch erheben kann, da die Werke Artſcher, Lom, Rahowa nur aus ganz primitiven Erdſhanzen beſtehen und jene von Siſtowa kaum mehr zu erkennen ſind. Nur Nikopolis vermöchte die Ueberſchreitung der Donau dur<h einen aus dem jenſeitigen Aluta-Thale vorgehenden Feind zu hindern, und falls ſie denno< erfolgte, eine bedrohliche Poſition im Rücken des gegneriſchen, auf der mittleren Donau-Terraſſe operirenden Corps zu bilden. Wohl müßten die Türken in allen Fällen ſi< bei Annäherung des Feindes in den Beſiß des Brückenkopfes Turnu ſeßen und ihn wie in früheren Zeiten befeſtigen. Punkt bedeutet für Nikopolis genau dasſelbe, was Kalafat für Widdin, was Giurgewo für Ruſtſchuk. Unbedingt müßte aber eine Verſtärkung der von den Ruſſen im Fahre 1810 genommenen und geſchleiften Werke von Nikopolis, entſprehend den Anforderungen moderner Fortificationskunſt, eintreten, denn ſo günſtig auh deſſen natürliche Lage, reiht ſie doh allein ohne künſtlihe Nachhilfe niht aus.
Die Feſtung beſteht äus der Citadelle und dem ſogenannten „Tuna-Kaleh“. Leßteres eine Art Fort mit Erdwall, Mauern und Graben, enthält einige Häuſer für die Beſaßung, Einſchnitte für fünf Geſhüße und iſ an der Oſtfront mit der Stadt durh ein Thor mit Zugbrü>e verbunden, Mit ſeinem Flaggenſto>e gelehnt an die von vielen Raubvögeln bewohnte Fels8wand, ſieht es mehr maleriſ< als feſt aus, do< fönnte man von hier nux auf hal8brecheriſchen Wegen in die obere Veſte gelangen, E3 wäre
\
Denn dieſer
niht leiht, mit ſtürmender Haud da hinaufzufommen, und jeder Beſucher zieht den bequemeren, doh immer noch ſteil genug aufſteigenden Hauptweg vor. Die Citadelle folgt in ihrer Anlage den Linien des Plateaukopfes in länglicher Dreie>sform. Die Winkel ihrer öſtlihen Schmalſeite werden durch je eine, die gegen Weſten gerichtete Spiße dur< eine halbkreisförmig vorſpringende Baſtion, die beiden Langſeiten gegen Nord und Süd durc je zwei, das ganze alſo durh ſieben Baſtionen vertheidigt. Sie führen folgende Namen: Solak-, Taſh-, Sirdim-, Feribatam-, Hambarta-, Kotſh- und Mezinoglu - Tabia und enthalten Geſchüße von verſchiedenſtem Kaliber, Alter und Urſprung.
Für ein an occidentale militäriſ<he Ordnung gewöhntes Auge trägt jede türkiſhe Feſtung mehr oder minder den Stempel der Lächerlichkeit. Wir wiſſen aber aus der Geſchichte des lebten ruſſiſh-türkiſ<hen Krieges, daß die Türken erſt an den Ausbau ihrer Feſtungen gehen, wenn der Feind ſich ihnen bereits nähert, und daß ſie dieſe raſh entſtandenen Nothwerke in der Regel mit großer Zähigkeit und Bravour zu - vertheidigen verſtehen. Daß die Citadelle von Nikopolis allzuſehr von einigen nahen Höhen dominirt wird, iſt aber ſo einleuchtend, daß ſelbſt die ſorgloſe, dem „aFuſchallah“ und der Zukunft huldigende Conſtantinopeler Genie-Direction deren Verſtärkung dur einige Erdredouten vor Jahren bereits anordnete. Eine ſol<he wurde au< im Jahre 1871 auf der Oſtſeite der Stadt vollendet.
Wie in allen türkiſchen feſten Pläßen wohnt auh in der Citadelle von Nikopolis eine ziemli<h ſtarke Civilbevölkerung, welche zu ihrer Vertheidigung als Toptschi (Kanoniere) berufen und verpflichtet, dafür manche Vorrechte genießt. Die etwa hundert türkiſhen Häuſer, Dſchamien (Kirhen) und Hütten gruppiren fi< in einer langen, das „Kaleh“ dur<hſc<hneidenden Straße und werden im Verfalle nur von den erbärmlichen NizamsKaſernen übertroffen, wel<he an den Wällen verſchiedener Werke kleben. Durch die weſtlihe Baſtion tritt man hinaus auf einen weitläufigen Friedhof, zwiſchen deſſen beturbanten Ruinen man eines entzücenden Ausbli>es auf die {höne Landſchaft genießt. Fenſeits des mächtigen Stromes liegt unfern der breiten Mündung der die ſiebenbürgiſhen Karpathen durhbre<henden Aluta das handelsthätige Turnu-Magurelli, umrahmt von hübſhen Baumparks, weißen Villen und dur< ſtrahlenartig von der raſ< aufblühenden Stadt auslaufende Straßen mit dem Dampf\chi}ff-Landeplay und den im Umkreiſe liegenden zahlreihen Ortſchaften verbunden, ein freudig anmuthendes Keimen beginnender Civiliſation. Auf dem walachiſhen Donauufer verſhwinden allmälig die traurigen Spuren vielhundertjähriger Völkerkämpfe, und au< im Jnnern des Landes