Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

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Beim Ausgange aus dieſem überaus gefährlihen Paſſe wurde die hervorbrechende ruſſiſche Colonne beim Dorfe Hainköi von zwei Compagnien türkiſher Truppen beſchoſſen und ward es ihr nun natürlich- ein Leichtes, dieſelben in die Flucht zu ſchlagen. Am 15. war dénn der Balkan von den Ruſſen thatſählih ü ber\<ritten und wurden ſofort Koſaken-Abtheilungen nah FJeni-Sagrha geſchi>t, um die Eiſenbahn zu unterbrehen. — Jeni-Sagrha wurde ohne Schwierigkeiten beſebt, eine andere Abtheilung gegen Slivno und eine dritte gegen Esfi-Sagrha geſendet, während die Hauptcolonne am 16. ſi< auf der Straße längs des TundſchaFluſſes weſtlih auf Kaſanlik bewegte, welhes no< an demſelben Abend beſet ward. Am 17. Morgens begann nun mit großer Heftigkeit der Kampf gegen die Poſition von Sc<hipka von beiden Seiten ; die türkiſhen Truppen, im Rüen und in der Front gleichzeitig angegriffen, mußten nun jeden weiteren Widerſtand aufgeben und gelang es ihnen, unter Zurülaſſung ihres Gepä>es und der Geſchütze, dur ein fleines Seitenthal über Kydareſti nah Kaloſer zu enkfommen. Der berühmte Schipka- Paß, deſſen Beſitz für jede vordringende Armee von ungeheurer Wichtigkeit iſt, da er derſelben niht nur das ganze, ſo überaus fruchtbare und mit guten Verbindungswegen verſehene Tundſcha- und Marißa-Becken eröffnet, aber auh der einzige für Wagen und Geſhüße wegſame Uebergang auf dem mittleren Balkan iſt, befand ſi ſomit in den Händen der Ruſſen, welche ſofort ihren Vormarſch auf Es fiSagrha, einen wihtigen Knotenpunkt der beiden Hauptſtraßenzüge na<h Philipp opel und nah Adrianopel, begannen, zugleih wurde das Hauptquartier von Biela nah Tirxnowa verlegt.

Reouf Paſcha hatte auf die Nachricht, die Ruſſen hätten den Balkan bei Hainköi überſchritten und befänden ſi< im Anmarſche gegen die Bahnſtre>e Jeni-Sagrha-Famboli einerſeits und Slivno andererſeits, den Brigadegeneral Mehmed Muchliß Paſcha mit 8 Bataillonen und 1 Batterie von Eski-Sagrha auf der Straße über Karabunar auf Slivno vorgeſchoben, er ſelbſt \chi>te ſi an, der ruſſiſchen Hauptcolonne, welche inzwiſchen {on Kaſanlik beſetzt hatte, von Esfi-Sagrha aus in den Rücken zu fallen. Troß der anerkennenswerthen Raſchheit, mit der dieſe Bewegungen ausgeführt wurden, konnte Muqhliß Pa \ <a die Beſegung Slivnos und Feni-Sagrhas niht mehr verhindern und ſah ſi, in ſeiner Verbindung mit Reouf Paſha bedroht, genöthigt, von Karabunar, wo er ein kleines Gefe<ht zu beſtehen hatte, zurü>zugehen und über EsfiSagrha ſi< mit Reouf Paſcha zu vereinigen, der im Augenbli>e, als er na< Kaſanlik vorbrechen wollte, von der Beſezung des Shipka-

Paſſes durch die Ruſſen erfuhr. Reouf Paſcha blieb nun nichts Anderes zu thun übrig, als unter Heranziehung der Truppen Mehmed Paſchas von Schipka und der Brigade Muqhhliß Paſcha ſi unter kleinen Gefechten hinter den Giöpſu-Fluß längs der Straße von SopulKarlowa na< Philippopel zurü>zuziehen und dort eine beobahtende Stellung einzunehmen.

Die Ueberſchreitung des Balkans. dur ein ſtarkes ruſſiſhes Detachement war ein bedeutendes Ereigniß, welches niht ermangelte allgemein große Senſation hervorzubringen, umſomehr da die Unwegſamfkeit der Tirnowa-Päſſe hekannt ift.

Die Gruppe der Tirnowa-Päſſe beſteht aus zwei Fahrwegen über den Schipka- und über den Trawna-Paß und aus mehreren größeren Fußſteigen. ;

1. Der Schipka-Paß dient als HauptPoſtſtraße zwiſchen Ruſtſchuk und Adrianopel. Der von Gabrowa zum Schipka führende, 24 Werſt lange Weg iſt cauſſirt (beſteint),

_ bedarf aber ſtellenweiſe einer Remonte (Ergänzung).

Gabrowa liegt in einer Höhe von 1600 Fuß. Die Hauptpaſſage liegt in einer Höhe von 4600 Fuß, ſo daß das Hinanſteigen 4'/, Stunden, das Hinabſteigen gegen eine Stunde in Anſpruh nimmt. Das Dörfchen Schipka liegt in einer Höhe von 1800 Fuß.

9 Der Trawna-Paß iſt 4000 Fuß hoch. Dur ihn führt ein Fahrweg aus Trawna (2500 Fuß hoch), das 400 bulgariſche Häuſer hat, zur Ortſchaft Magliſh. Nördlih von Trawna bis zum Balkan iſt der Weg cauſſirt, aber weiter iſ er nur für mit Ochſen beſpannte Fuhren paſſirbar; doh würden geringe Remonten genügen, um ihn auh für die Artillerie und den Train paſſirbar zu machen.

Von Trawna führt die Chauſſee an dem ſinken Ufer des Fluſſes Salza. Leicht anſteigend, dur<ſcneidet ſie dieſen Fluß zweimal bei den Anſiedlungen Dimiow-Chan (10 Höfe) und Baiowbky (7 Höfe); auf dem reten Ufer liegt die Anſiedlung Bowatſchißa. Darauf wendet \ih der Weg zur Anſiedlung Jawtſhew-Chan, wo er dur< eine Furth über den Salza-Fluß und dann über deſſen Nebenfluß Kowatſchka hinüberführt. Zwiſchen den Anſiedlungen Tſchakali (30 Höfe) und Radweby (20 Höfe) wird er ſteiler, läuft aber dann längs des reten Ufers des Fluſſes Salza größtentheils durch Felder zur Anſiedlung Mrozety, in deren Nähe die Steinfohlengruben Bonuew-Konait liegen. Durch einen dihten Wald erhebt ſi< dann die Straße zum Trawna-Paß, der zwiſchen den Gipfeln Wiſa und Koſtatz liegt. — Hinter dem Paß ſenkt ſi<h die Straße ſtellenweiſe ſehr ſteil und iſ da felſig, geht aber an anderen Punkten dur< Wälder und Wieſen. Weiter führt die Straße über den Berg