Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

blühenden Dörfer ſind niedergebrannt, Frauen geſhändet und Kinder in der gräßlihſten Weiſe getödtet worden. Die Koſaken hatten vorher die Einwohner entwaſfnet und ſie dann den bulgariſchen Shlähhtern überliefert. Ausſagen, welche

826

zur Beſtätigung dieſer Angaben dienen und in Gegenwart Fhrer Majeſtät Conſul in Adrianopel gemacht wurden, werden dur den nächſten Courier nah der Heimat geſandt werden.“

Mehemed Ali, der neue türkiſche Generaliſſimus.

Es iſt ein alter ſtrategiſcher, unzählige Male ſhon ‘erprobter Lehrſatz, daß, wer Alles vertheidigen will, in der Regel gar nichts vertheidigt, und in dieſen Hauptfehler, dem zu ihrem größten Schaden im Vorjahre die Serben Tſ\chernajef fs huldigten, waren die Türken in bedenklihſtem Maße verfallen. Es war in den verſchiedenen Krieg8berathungen, die natürli alle unter ſtrenger Bevormundung dur< die DariChoura (Krieg8rath) bis dahin theils in Ruſthuf, theils in Schhumla ſtaltfanden, bis zum

Ueberdruß beſprochen worden, daß man ſi mit

der nachhaltigen Verlheidigung einiger wichtiger Uebergang8punkte begnügen, mit dem Gros der Armee aber feſten Fußes den Feind im ſicheren Feſtungs-Viere> erwarten wolle und ihm unter den Mauern Sqchumla’'s oder Ruſtſhuks, oder am Fuß des Balkans die entſcheidende Schlacht anbieten ſolle.

Dieſemin jeder Hinſichtzu billigenden Entſchluß entſprehend, dem zufolge, niht wie es zu Anfang des ruſſiſh-türkiſhen Conflicts von dem Obercommandanten der Donau-Armee, Ahmed Ejub Paſcha, beabſichtigt worden war: das ganze Heer in unzähligen Garniſonen und Garniſönchen zu verzetteln, wurde die ganze Armee, mit Aus{luß einiger unumgänglich auf wichtigen Punkten zurüzulaſſender Bataillone, in vier Corps gegliedert und um Widdin, Schumla, Ruſtſchuk und Varna maſſirt. Die Dobrudſcha ließ man gänzli<h von Truppen entblößt, ſo daß eine Feldarmee im Feſtungs-Viere> ſtand, welche in ihren vorzüglichen Bertheidigungs-Stellungen den Kampf mit jedem ruſſiſchen Heere hätte erfolgrei aufnehmen können.

Da trat plößlih ein Umſchwung zum Schlechten ein. Durch jede no< ſo geringe und harmloſe Demonſtration der Ruſſen ließ man ſih ſofort zu ſtarken Detachirungen na< den in der That nur anſcheinend bedrohten Punkten herbei. Der Serdar (Befehlshaber) weilte unthätig in Shumla und überließ die Führer der an der Donau entſendeten Heeresabtheilungen ganz fi ſelbſt, wobei es natürli niht fehlen fonnte, daß ab und zu einer oder der andere dieſer Herren es nicht gerade ſo machte, wie es Abdul Kerim wünſchte, entweder ſeine Mahtſphäre überſchritt oder in ſträfliher Trägheit der ihm übertragenen Miſſion in keinerWeiſe gere<t wurde, auch ſi< zu Oefterem

Dinge ſchuldig machte, die am beſten unerwähnt bleiben. : So Osman Paſcha, der Commandant von Turtukai, über den das Gerücht ſo lange ſhauderhafte Dinge zu berichten wußte, bis dasſelbe auch bis zu den Ohren des Serdars drang, welcher den pſlihtvergeſſenen General in beſter Form abſetzte und den no< wenige Wochen bevor zum Ferik (Diviſfion8general) erhobenen ehemaligen Lager-Commandanten von Zajbar, Aſſad Paſcha, an ſeine Stelle ſandte. Dieſer ließ ſofort auh dur eine Commiſſion alle jene Vergehen, deren

“_ſi< ſein Vorgänger ſ<huldig gema<ht — einige

derſelben ſollten ſogar auf eine ſ{<ärfere Bezeichnung Anſpruch gehabt haben — genau unterſuchen, und ſandte mit einer bei türfiſhen Würdenträgern gerade niht allzu häufigen Schnelligkeit dieſen Bericht ein, welcher zur Folge hatte, daß Os man Paſha ſofort zur Haft gebracht, in dem Arreſt von Schumla ſeineTransportirung nah der Hauptſtadt gewärtigte. Auch ließ Aſſad Paſcha die ſeit Monden in Angriff genommenen und noch immer niht beendeten Werke und Schanzen von Turtukai gänzli< ausführen, organiſirte einen ganz vorzüglichen Patrouillendienſt von Ruſtſchuk bis Turtufkfai einerſeits, von dort na< Siliſtria andererſeits. Kurz, man war in Schumla ſeines Lobes voll. Auch Esref Paſcha entfaltete bei Beginn ſeines Amtsantrittes eine lobenswerthe Thätigkeit. Wie durcheilte er niht nah allen Richtungen der Himmel8roſe das ihm anvertraute Terrain! Er gönnte ſi<, überall prüfend, inſpicirend, belehrend, verbeſſernd, ein wahrer Ueberall und Nirgends, keinen Augenbli> der Ruhe.

Allein kaum vierzehn Tage waren in's Land gegangen, und gleih dem Gros ſeiner Kameraden ho>te Esref Paſcha bei Kaffee und Nargileh (Waſſer-Tſchihuk) in ſeinem grünen Zelte vor der Levent Tahir, in ſtilles Nachdenken verſunken, wenn ihm ein oder der andere Vers (Esref iſt nämlich ein großer Dichter) niht gehörig gerieth, dabei ängſtlih darüber wachend, daß nicht der energiſhe Tahier auh nur um Haaresbreite ſeine Borrechte überſchreitend, einen Schein von Selbſtſtändigkeit ſfi< erkämpfe. Aber als Dichter war er groß, der gute Es ref, das mußte man ihm laſſen. Als ſolcher ließ er ſeiner Phantaſie den iveiteſten Spielraum, und als am 26. Mai die -