Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten
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Kleinaſien angeſehen, bildet ein unregelmäßiges Polygon, von Steinblö>ken erbaut, in einer doppelten Umwallung und vier Thürmen oder Baſtionen. Fn der Nordweſte>e liegt viel höher die Citadelle, wel<he an ſi< zwar ſehr hoch iſt, aber von den Bergen beherrſht wird. Auf dem öſtlih gelegenen, die Feſtung beherrſchenden Karadagh ſind ſeit 1855 bedeutende Werke aufgeführt worden, und außerdem hat man ſeitdem das ganze Gebiet der Stadt mit Feſtungswerken umſchloſſen. Fnmitten der Stadt erhebt ſi< ein ſteil anſteigender Felskegel mit einem aus der Zeit des Mittelalters ſtammenden Caſtell, einem der \{<önſten Modelle einer feudalen Zwingburg. Dasſelbe beherrſ<ht die ganze Stadt, und ſeine altersgrauen Mauern harmoniren gut mit den Felſen und ſ{roffen Abhängen, die ſeine Fundamente bilden, Um den Fuß des Berges windet ſi< der die Stadt durhſtrömende, von einer alten Brücke überſpannte Kars Tſai, ein reißendes Gebirgswaſſer. Yn der Nähe des Caſtells erhebt ſih ein merkwürdiger, runder Thurm, und an vielen Stellen der Stadt finden ſich ſ{<öne Ueberreſte perſiſcher Architektur. Die Straßen ſind, wie in allen orientaliſhen Städten eng und ſ{<mußtig, halbverhungerte Hunde treiben ſih überall ſ<haarenweiſe umher, welche gierig Alles verſchlingen, was an Abfällen von den Häuſern auf die Straße geworfen wird. Größere und beſſere Häuſer giebt es nur wenige in Kars; die’ der ärmeren Klaſſe ſind aus Lehm erbaute und mit Lehm gepflaſterte Hütten, in einzelnen Fällen au< einfa< in den Abhang gegrabene, vorn mit ciner Thür verſchloſſene Höhlen. Die beſſeren“ Häuſer ſind von dunkelgefärbten Steinen erbaut und haben von außen ein düſteres Ausſehen. Von dem Eingange führt meiſtens eine Thür nah den Ställen, eine andere * ihr gegenZimmermann, Geſch, des orient. Krieges.
Generalmajor Fürſt Tſchelokajeff,
gefallen bei Kars.
überſiegende, in ſeltſam geformte falte und feuchte Räume, die zu Küche, Speiſekammer u. \. ww. dienen. Eine Treppe führt in die obern Stuben. Eigenthümlich iſt es, daß jede Stube gleihſam ein Haus für ſi< bildet, jedes mit einem beſonderen Dache, oft von ungleicher Höhe, ſo daß ſie von den niedern auf die höhern Stufen führen und man, wo mehrere ſolhe Häuſer zuſammenſtehen, auf ihnen entlang gehen kann.
Das Leben auf den Straßen bietet “ ein wecſelvolles, im hohen Grade maleriſhes Bild dar. Hier ſieht man vor den Thüren der Khane (Fürſten) mitten zwiſchen Ballen georgi-
{her Waaren, Karakalpaken mit der Kama (einem breiten Dolche) und einer kurzen Büchſe bewaffnet, in einer der perſiſhen ähnlichen Tracht lagern ; dort reitet auf fleinen nervigen
Pferden ein Trupp Kurden in rothen goldgeſti>ten De>ken. Jeder Reiter hat auf dem Nü>en éinen feinen ſ\tahlbeſ<hlageñen Schild hängen, iſt mit Dolch, Piſtole und Scimilar ausgerüſtet und außerdem mit Pulverhörnern, Trinkgefäſſen und einer
Menge von Gegenſtänden be-
hängt, welche theils" zum täglihen Gebraue,
theils zum Schmu>e dienen. Au<h Dagheſtanlis, welche eine beſondere Sprache, die avariſche, reden, ſieht man häufig in den Slraßen von Kars.
Fhre Bewaffnung und Tracht unterſcheidet ſich faum von der der Circaſſier. Ohne Piſtolen und Kama ſieht man ſie nie; zu Pferde führen ſie außerdem den krummen türkiſhen Säbel und eine reihverzierte Büchſe. Ganz verſchieden erſcheinen wieder die Georgiſch redenden Bazi in ihren braunen runden Jaen mit weiten Aermeln und den eigenthümlih geformten Turbanen. Auch ſie ſtarren wie alle Orientalen in Waffen. Nie wird man einen von ihnen ohne Büchſe, Piſtolen und Kama ſehen.
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