Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten
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Entſcheidend für das Schi>kſal der Stadt, welhe ſi< unter dem engliſhen General Williams während einer ſe<8monatli<hen Bel1gerung hielt, war wohl {hon die Schlacht von Kurukdere am 6. Auguſt 18514, in Folge davon die überlegene türkiſhe Armee in die Feſtung geworfen wurde und ſpäter außer Stande war,
die Operationen im freien Felde wieder aufzu- .
nehmen. Am 28. November 1855 erfolgte dann die Uebergabe der Feſtung.
Die Stadt Kars wird bereits bei den älteſten armeniſhen Schriftſtellern genannt, ſie ſcheint aber erſt unter den Byzantinern ihren heutigen Namen erhalten zu haben, und galt bei denſelben als eine der Hauptſtädte Armeniens, die ſie auÿ thatſähli<h war, da die bagratidiſche Dynaſtie, eines der älteſten <riſtli<hen König2geſhle<hter, dur< nahezu ein halbes Fahrhundert in der finſtern Terraſſenſtadt von „Armenia magna“ reſidirte. — Unter dem letzten ſelbſtſtändigen Beherrſcher des Königreiches Kars, Kakig, kam die Stadt und das Reich in der zweiten Hälfte des eilften Fahrhundertes an die Byzantiner. Die Seldſchuken, welche allenthalben die byzantiniſhe Herrſchaft antraten, waren au< in den Beſiß des Grenzbollwerks gegen die Perſer und Georgier getreten. Schließlich fiel die Stadt in die Hände der Osmanen, ſeit welcher Zeit ſie erſt ihre Bedeutung als Gren zbollwerk erlangte, da es Sultan Murad III. war, der vor etwa drei Jahrhunderten (1579) die erſten Befeſtigungen anlegen ließ, Befeſtigungen, die au<h heute no< allenthalben in ihrer urſprünglihen Form und Stärke vorhanden ſind.
Was Kars als Stadt beſonders werthvoll macht, iſt ſeine günſtige Lage zwiſchen Armenien, Trans-Kaukaſien, Kurdiſtan, Pontus und Perſien.
Auch das Land iſt fruchtbarer, als irgend ein Strich in Armenien, {warze Araber-Erde bede>t ſelbſt no< die unteren Stufen der die Hochebenen begrenzenden Berge und Kettenzüge, und das Klima zählt, troy ſeiner feſtländiſchen Uebertreibungen, denno< zu den gemäßigtern der armeniſhen Hochzonen. Gleichwohl iſt das Land um Kars nur äußerſt dünn bevölkert, und ſoll na<h einem ruſſiſhen Berichte auf einer Fläche von mehr als 5000 Quadrat-Werſt keine 300 Dörfer geben, oder 16 Dörfer auf der QuadratWerſt (etwa 30.000 Einwohner, Kars inbegriffen, für das ganze Land). Aber ſelbſt die wenig vorhandenen Dörfer ſind für das Auge des Beobachters nicht eigentli ſihtbar, denn die einzelnen Wohnſtätten ſind die denkbar primitivſten Erdhütten, ganz in den natürlichen Bodenanſchwellungen eingegraben und nur mit ihrer ſteinernen Stirnfront zu Tage tretend.
Ju den leßten 150 Fahren hat Kars vier Belagerungen erlebt, darunter zwei mit ſiegrei<hem Erfolge, und zwar 1735 gegen Nadir,
Schah von Perſien, der mit 100.000 Maun und einem erdrü>enden Artilleriepark vor der Feſtung erſhienen war, und dann im Jahre 1807, als die ruſſiſhen Streitkräfte gelegentli<h des perſiſhen Krieges einen Handſtreih auf die Feſtung verſuchten, dafür iſt ſie in den zwei folgenden Belagerungen unterlegen, und zwar 1828 nah faum vier Tagen, 1855 nah einer regelre<hten ſe<8monatli<hen Belagerung. Als die Ruſſen unter Marſhall Pas kiewitſ<h-Eriwanski vor Kars erſchienen, befand ſi< dasſelbe nahezu in gleihem Zuſtande wie hundert Fahre vorher unter Nadir Schah.
Auch im nunmehrigen Kriege wurde die Feſtung Kars zum Falle gebracht. Nachdem Mukhtar Paſcha dieſelbe ver-
laſſen, wurde kurz darauf in einiger Entfernung wahrgenommen, wie die Ruſſen auf Kars vorrü>ten. Die Beſaßung wurde daher auf halbe Ration geſeßt. Am 5. Mai unternahmen die Bulgaren ihren erſten Angriff. Sie verſuchten das Fort Tukunas mit Sturm zu nehmen, wurden aber zurü>geſ<hlagen. Am 7. Mai hatten die Ruſſen Kars bereits vollſtändig ein-
geſchloſſen und errichteten verſhanzte Batterien,
während die übrigen Belagerung2arbeiten ihren ungeſtörten Fortgang nahmen.
Am 15. Mai demaskirten die Ruſſen auf der Nordſeite eine mit vier {weren Geſchützen beſtü>te Batterie; ihre Geſchoße gingen jedo< über die Stadt hinaus — ein Beweis, daß die Stü>ke \<le<t bedient waren. Die Türken antworteten von den Forts und den vorge\<hobenen Batterien mit einem wohlunterhaltenen und wirkſamen Feuer, bis die Dunkelheit dem Kampfe auf beiden Seiten ein Ende machte. Während der Nacht beſſerten die Belagerer die an ihren Werken angerichteten Beſchädigungen aus. Tags darauf machten die Türken einen Maſſenausfall mit Fnfanterie und Cavallerie. Nach einem ſcharfen Gefechte, wobei ſie geringe Verluſte erlitten, kehrten fie wieder zurü>.
Am 18. Mai machten die Ruſſen eine kraftvolle Anſtrengung zur Bezwingung von Fort Karadagh auf der Oſtſeite. Dieſes Fort beherrſ<ht die Straßen na< Gümri und Alexandropol und dect die Citadelle auf dem rechten Ufer des Kars-Tſchai. Der Sturm war wohl vorbereitet ; ein äußerſt heftiger Artilleriekampf wurde 5 Stunden hindur< geführt; des Feindes Jufanterie, obglei<h wiederholt geworfen, kehrte ſtets mit neuen Verſtärkungen zum Angriffe wieder. Unter dem Schuße einer fur<tbaren Kanonade machten die Türken einen plößlichen Ausfall auf die Moskowiter ; ein wildes Handgemenge entſpann ſi< mit der Jufanterie, wobei die Nuſſen troy des verheerenden Granaten- und