Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

Spahis, ein anderer Adel, der keine Steuern zahlte, aber zum Kriegsdienſte verpflichtet war und von den Bauern ſeines Spahiliks Zehnten, Kopfſteuer und Frohnen* erhielt. Der Spahi wohnte indeß niht auf ſeinem Spahilik, ſondern in den Städten, und ſchi>te- nur jährli<h einmal ſeinen Aufſeher dahin, um die Abgaben zu erheben ; das ganze übrige Fahr hindurch lebten die Najahs in völliger perſönlicher Freiheit unter ſi, konnten ihre Ländereien verkaufen, ſih einen anderen Herrn ſuchen u. #. w. Der Spahi war bei dem Wohlſtande ſeiner Bauern ſehr intereſſirt, denn davon hing der größere oder geringere Betrag ſeines Zehnten ab, und er widerſeßte ſi<h deshalb allen Erpreſſungen der Paſchas. Die Rajahs konnten ſicher ſein, außer dem Karadſ< (Kopfſteuer) und den gewöhnlichen feſtgeſeßten Abgaben an die Pforte nihts zahlen zu müſſen, denn der Spahi vertheidigte ſie gewiß, aus begreiflihen Gründen, gegen alle unbilligen Forderungen, während andererſeits die Paſchas den Spahis nicht geſtatteten, ſi weitere Rechte gegen die Rajahs anzumaßen. So hielt ein Theil den anderen im Zaum. Dieſer Stand der Dinge war der Pforte zuwider und ſie begann auf der einen Seite die bosniſchen Chriſten gegen die Spahis aufzuregen, auf der anderen Seite den moslemitiſhen Fanatismus zu entflammen und zur Belohnung ihrer Anhänger die Spahiliks in Tſchiftliks umzuwandeln. Der Zwe> der Pforte war erreiht, das Band, welches den <riſtlihen Rajah und den moslemiti-

ſchen Spahi miteinander verband, war zerriſſen

und von nun an datirt ſi< das Elend und die Mißhandlungen der <riſtlihen Rajahs, welche nun nothgedrungen den Türken als Schußherrn gegen die mit ihnen aus einem Stamme entſproſſenen, aber von ihrem Glauben abgefallenen Spahis anrufen mußten. Damit hatte die türkiſche Regierung das Mittel in der Hand, Zwietracht auszuſäen.

Seitdem beſteht die Geſchichte Bos nien s in

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Aufſtänden der bosniſhen Spahis und in der Bekämpfung derſelben dur<h die Pforte. Die Paſchas ſahen dabei ruhig zu, als die Aufſtände der <riſtlihen Heidu>en ſeit dem Anfange dieſes Fahrhunderts begannen und die mit denſelben verbundene Rajah einen großen Theil des Adels vernichtete. Erſt wenn nah der Shwächung des Adels die Rajah mit ihren Forderungen hervortrat, verbanden ſi< die Paſhas wieder mit jenem, um die aufſteigende Macht der Chriſten niederzuhalten." Selbſt als die Schwäche, welcher der Adel in dieſen Bürgerkriegen verfiel, es dem Sultan Mahmud mögli<h machte, na<h dem Sturz der Janitſcharen die Macht der bosniſchen Spahis vollends zu brechen, duldete die Pforte die wiederholten Reactionen des Adels, die ſie als Auffriſhung des Alttürkenthums betrachtete. Auch als Omer Paſcha den leßten Aufſtand des Adels von 1849 hauptſächhli<h mit Hilfe der ruhigen Haltung der Rajahs dämpfte, wurde die Verſöhnung auf Koſten der leßteren gefeiert und den Spahis das ſtillſhweigende Zugeſtändniß ihrer Uebermacht über die <riſtlihe Bevölkerung des Landes gewährt.

Denmioch hatten dieſe Kämpfe zwiſchen der Regierung des Sultans und dem bosniſchen Adel, die gleihſam über den Beſiß der Rajah geführt wurden, die Moral zu Tage gebracht, daß die Türkenherrſchaft in dieſem Lande und die Zukunft derſelben von der Haltung und Fortentwikelung der <riſtlichen Bevölkerung abhängen. Ju den Zugeſtändniſſen, welhe der Sultan während des leßten orientaliſchen Krieges, beſonders im Hatihumayum, den Rajahs ſeines Reiches gewährte, war dieſe Moral, allerdings nur theoretiſch, anerkannt, und bald na< dem Abſchluß des Pariſer Friedens von 1856 regte es ſi< in den Rajahs Bosniens und meldeten ſi{< dieſe, um die verheißene Anerkennung ihrer Rechte und Erleichterung ihrer Laſten in Empfang zu nehmen.

Ausdehnung der inſurrectionellen Wewegung.

Die criſtlihen Rajahs mußten ſi< ſehr ſtark fühlen, wenn ſie es wagten, nunmehr auh in Bosnien den Kampf gegen die türkiſche Herrſchaft aufzunehmen, denn in dieſem Lande ſind die fatholiſhen Chriſten in entſchiedener Minderheit. Sie hatten niht nur die anweſenden türkiſchen Truppen, ſondern auch die ihnen an -Zahl überlegenen mohamimedaniſchen Mitbewohner zu bekämpfen, und es war zweifelhaft, ob die 360.000 Seelen zählenden griehiſ{< - ni<tunirten Chriſten ſih der Bewegung anſchließen würden.

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Fedenfalls gingen die aufſtändiſhen Bosniaken mit: einer gewiſſen Ueberlegung zu Werke, indem ſie die Telegraphenlinie zerſtörten, welche den Norden der Provinz mit dem Hauptorte Banjaluka verband. Jm ſ{<limmſten Falle blieb ihnen der Rückzug auf ungariſches Gebiet offen.

Zur ſelben Zeit ernannte die Pforte in der Perſon Nedjib Paſchas einen neuen Oberbefehlshaber über die Truppen in der Herzegowina. Derſelbe ſollte dur<hſeßen, was Derviſch Paſcha außer Stande geweſen, zu vollziehen — die.