In jedes Menschen Gesichte steht seine Geschichte : Lehrbuch der Physiognomie : mit 140 Abbildungen
Aus dem gleichen Grunde verwerfen wir die Charafterdeuterei nad) Whotographien. Einmal zeigt die Photographie nur den Ausdrud eines einzigen Augenblids, der leblos ift und falt läßt, zum anderen find Photographien unnatürlic und meijt gejdmeichelt. Das „Bitte recht freundlich” ijt eine jtereotype Redensart geworden. Aber aud) ohne Mahnung tritt jeder mit dem feierlihen Bemwußtjein vor den Photographenkajten, für die Nachwelt „verewigt“ zu werden, und ändert jomit feinen AYusdrud. Der Ernitefte lächelt, der Dümmite jieht recht Elug auf Bildern aus. Bor Nr. 21. dem Gang zum Berufsphotographen legt man jogar jein Gonntagsgewand an, bürjtet und brennt jid) das Haar, jtus diert nor dem Spiegel eine entjprechende Miene und im Gefühl des voll: fommenen Yus- und Aufpußes jtellt man ji) vor den Apparat, mo man zum reichlichen Ueberfluß mitunter no angejhnallt wird. Und diejer Zwang joll nun ein naturmahres Bild des nnern liefern! Außerdem gibt der ‘Bhoto= graph dem zu “Photographierenden eine foldje Stellung, daß die jchönere, meijt Linfe Wangenfeite zu jehen, die unförmige Nafe etwas verdedt ijt. End» (ic) wird man vom fertigen Bilde jelbjt nod) überrajcht, denn daß man jo hübjc) ift, hätte man jelbjt nicht gedadt. Yur phyjio= gnomiihen Prüfung ift die Photographie aud) aus dem Grunde nicht geeignet, weil die vorftehenden Teile im Verhältnis zu den anderen meijt eine zu große Dimenjion haben; Najenjpige und Lippen zu did, die Ohren zu Elein erjcheinen. Ebenjo führt jchiefe KRopfhaltung Täufchungen herbei. Eine Ausnahme madt hier nur ein ungefcehmeicheltes, auf vielen Sigungen beruhendes emälpe.