Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel
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ih lange etwas Zaghaftes und Unſelbſtſtändiges im Weſen und bin au< im ſpäteren Leben wohl feſt gegen mi ſelbſt, aber nie ſo feſt gegen Andere geweſen, als ih es hätte ſein follen. J< kann in der Wahrheit ſagen, daß ih in meinen eigenen Entſchlüſſen nie ſhwankend, unſicher oder unbeſtändig geweſen bin, aber ih war ſhwa<h gegen Andere und konnte dem Willen und den Wünſchen derer, die ih liebte, ſ{<hwer widerſtehen, und das iſ oft mein Unglück geweſen.
Immer von Neuem faßte ih den feſten Entſchluß, das wachſende Gefühl für den Prinzen aus meinem Herzen zu reißen; ih wollte mi<h um jeden Preis von ſeinem Einfluß und ſeiner zunehmenden Macht über mich befreien; ih wollte um jeden Preis dieſe Schwäche in mix überwinden — Lage und Tage lang verbannte ih mi< ſelbſt in mein Zimmer, um ihn nicht zu ſehen; ih vermied, ja ich floh ſeine Nähe, ih begegnete ihm nie anders als mit Unfreundlichkeit und Härte und ſuchte ihn mit Willen gegen mich zu erzürnen. Und als dies Alles ihn nicht abſchrectte, habe ih ihn mit Thränen gebeten und beſchworen, mich auſzugeben und mich zu ver-= geſſen, — es war Alles umſonſt. Er hat nie aufgehört mich zu lieben bis an ſein Ende. Von Natur ſtürmiſch und unvorſichtig war er gar niht im Stande, ſeine Gefühle zu verbergen, und faſt glaube ih, daß es ihm einen Troſt gewährte oder eine Art Reiz für ihn hatte, ſie niht zu verheimlichen. Es wax, als ſeße ex einen Stolz darein, ſie vor aller Welt zu bekennen, wenigſtens verbarg ex weder ſeinen Schmerz no ſeine Liebe, und dies Benehmen, das vielleicht aus der Stärke oder dex Hoffnungsloſigkeit Beider entſprang und mich zuweilen unwiderſtehlich ergriff und rührte, war leider ganz dazu gemacht, um den guten Ruf eines jungen Mädhens in die größte Gefahr zu bringen.