Poimandres : Studien zur griechisch-ägyptischen und frühchristlichen Literatur
364 Zusätze und Berichtigungen.
Der Anfang ist leider verloren; doch erkennen wir, daß Hermes dem König Amon alle Weisheit enthüllt und ein Buch von 365 Abschnitten gewiesen hat (vgl. Manetho bei Jamblich VIII 1). Seine Schüler fügten weitere Lehren hinzu und erklärten dem König die heiligen „Stelen‘“ des Hermes. Amon schrieb die göttliche Lehre auf sieben große Stelen und barg sie in einem ädurov. Sieben Tore verschließen es; das eine von Blei, das andere von Elecetrum, das dritte von Eisen, das vierte von Gold, das fünfte von Kupfer, das sechste von Zinn, das siebente von Silber (es sind, wie schon Berthelot sah, die sieben Tore der Mithrasmysterien). Der König zeichnete auf sie geheime Zeichen, wie die Schlange, die sich in den Schwanz beißt, und befahl sie nur den Priestern und Schülern des Meisters zu öffnen. — Zu Grunde liegt die ältere Vorstellung, daß die wahre yvü&scıc nur in der Himmelswanderung erworben wird. Ich verfolge sie zunächst noch etwas weiter. In den syrischen Excerpten aus Zosimos (Berthelot a. a. 0. 262) spricht dieser von einem aus Electrum gefertigten Zauberspiegel (dem ägyptischen Gottesauge), der in dem „Tempel der sieben Tore“ steht; er beruft sich auf ein Buch Cerele des pretres. Die sieben Tore entsprechen den sieben Himmeln. Der Spiegel ist: das mveüua dciov. Wenn die Seele sich in ihm schaut, sieht sie ihre Flecken und Fehle, reinigt sich, nimmt das mveüua als Vorbild und wird selbst nveüua. Theosebeia soll sich über die Erdensphäre erheben, sich in diesem Spiegel betrachten und dann ihre Schüler diesen Aufstieg zu Gott lehren, damit sie ihre Seelen errette. Die Übereinstimmung mit einer anderen ähnlichen Mahnung des Zosimos (oben S. 214 A. 1) läßt m. E. an der Echtheit des Stückes keinen Zweifel aufkommen. Eine dritte Rezension bietet die arabische Übersetzung einer anderen Schrift des Ostanes (Berthelot a.a. 0.111119). Der alte Text beginnt damit, dass Ostanes in heißer Sehnsucht Gott um Offenbarung anfleht. Dann heißt es: pendant que je dormais sur ma couche, un etre m’apparut en songe et me dit: »leve-toi et comprends (vöcı) ce que je vais te montrer.« Je me levai et partis avec ce personnage. Bientöt nous nous trowvämes devant sept portes si belles que jamais je n’en avais vu de pareilles. »Iei, me dit mon guide, se trowent les tresors de la science que tu cherches.« Allein zum Eintritt bedarf man Schlüssel, die ein Ungetüm behütet und nur auf eine bestimmte, formelhafte Bitte zur Verfügung stellt. Innen sieht Ostanes dann eine Stele mit sieben Inschriften in sieben verschiedenen Sprachen. Die Texte sind alchemistisch umgestaltet, doch zeigen einzelne Sätze wie: a Vorigine des elements primitifs etaient le feu et Y’eau noch den Sinn der theologischen Vorlage. Als Ostanes sich dann aus dem Himmel entfernen muß, trifft er auf einen Greis von wunderbarer Schönheit (Hermes, vgl. oben S, 361), der seine Hand ergreift und ihn dadurch zum rerekeiwuevoc macht. Er preist Gott für diese Gnade. Auch diese Schriften können uns von der ägyptischgriechischen Offenbarungsliteratur eine Vorstellung geben. Es ist schwerlich zufällig, daß Zosimos gerade in diesem Zusammenhang eine Schrift Salomons über die sieben Himmel erwähnt. Sie mag das Vorbild der erhaltenen Hechaloth gewesen sein (vgl. 8.189 A. 1).
Zu S. 117 A. 6. Die Häufigkeit des Wortes dopugpopeiv gerade in der religiösen Literatur mag mit der astrologischen Anschauung von dopupöpoı der ‚Hauptsterne (Götter) zusammenhängen.
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