Albanien und die Albanesen : Landschafts- und Charakterbilder : mit vielen Abbildungen

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Beſchwerniſſen des heutigen Tages troßten wir voll freudiger Erwartung. Auf dem Plateau vor dem ſtark befeſtigten Hauſe angelangt, nahm der Hausherr uns die Waffen ab — wir waren ſeine Gäſte. Freili<h nicht Gäſie Muſtafa-Agas3, wie wir vermutet hatten, ſondern Gäſte deſſen Freundes und Nachbarn, des waeren Jup von Brdeli. j * *

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Es iſt etwas unbeſchreibli<h Schönes um die albaneſiſhe Gaſtfreundſchaft. Schon aus dem, was i<h vom „Geſeße der Berge“ erzählte, geht hervor, daß Gaſtfreundſchaft und Blutrache jene beiden Inſtitutionen ſind, welche in Albanien au< den Fremdling verhältnismäßig ſicherer reiſen laſſen, als dies in irgend einem Lande der Welt mögli<h wäre. Gleich beim Eintritte in ein Haus fordert der Hausherr den Gaſt auf, den mehrere Kilogramm {weren Patronengurt abzulegen; er, der Hausherr, übernimmt vom Gaſte Gewehr und Piſtole und bringt dadur<h zum Ausdruce, daß von nun an ihm die volle Verantwortung für die | Sicherheit des Gaſtes obliege. Gaſtlichkeit und Zuvorkommenheit werden in Albanien in einer Weiſe geübt,

“die unerreicht daſteht. Jedem, der in den Bergen war, Hebt auh Dr. Liebert mit Recht hervor, wurde die weit= gehendſte und ſelbſtloſeſte Gaſtfreundſchaft ohne jede Bitte . al83 ſelbſtverſtändlih gewährt: „So oft ih nah einer an| ſtrengenden Wanderung im einſamen Gebirge in ein Haus oder eine Hirtenhütte eintrat, ſtets war man darauf

* bedacht, für mich zu ſorgen; man gab mir vom Beſten, î was an Speiſe und Trank vorhanden war; man räumte “mir den beſten Lagerplatz ein; nie ſah ih ein mürriſches ‘Geſicht, immer umgab mich die freundlichſte Bereitwillig= eit.“ Die Gaſtfreundſchaft kann als die ſchönſte Eigen: ſhaft des nordalbaniſchen Volks8charakters — die Süd=