Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.
220 Die Nachtſeite der menſ<li<hen Seele.
menhängen, wiſſen wir niht; zum Mindeſten iſt hier viel übertrieben und Vieles als Ahnung angeſehen worden, was nux auf unklaren, bewukten Schlüſſen beruht. Den= no< läßt ſi<h die Möglichkeit ſolcher Empfindungen nah dem oben Geſagten nicht gerade leugnen, wenn dieſe „Ahnun= gen“ auh auf natürliche Urſachen zurüzuführen find und nichts mit der ſogenannten „Hellſeherei“ gemein haben. Jedenfalls müßten ſie, falls ſie vorhanden ſind, ſi ge= rade dann am ausdru>vollſten entfalten, wenn im Schlafe das bewußte Leben ſ{lummert, ſo daß ſie dann zu Traum= vorſtellungen werden könnten. Die Möglichkeit eines ſolchen Ahnungstraumes iſt demna<h niht unbedingt aus-= geſchloſſen, nux iſ ſeine Bedeutung bis in's Ungeheuer= liche übertrieben worden, denn von dieſer Möglichkeit ausgehend, zu glauben, daß jeder Traum eine Bedeu= tung haben müſſe, und daraufhin Traumdeuterei zu treiben, heißt denn doh die Grenze des Vernünftigen über= ſchreiten.
Von dieſen dunklen, beſonders ſtarken Empfindungen, welche ſih au< im Wachen, dur< das mächtige Schaffen des beivußten Lebens hindux<, als Ahnungen geltend machen können, wäre nun nux no< ein Sthritt bis zu jener eigenthümlichen Erſcheinung, in dex ſi<h die über= mächtige Ahnung auh während des Wachens in wirkliche Sinnesbilder kleidet, die gleich einer Luftſpiegelung vor den Blicken des wachend Träumenden emporſteigen ſollen. Dieſe Gabe des ſogenannten „zweiten Geſichts“ will man beſonders häufig an Menſchen getroffen haben, die in trübem, nebeligem Klima ein einſames Leben führen,