Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.
Von Haſſo Harden. 247
voran. Leider iſt die Gemeinde nicht allein arm, ſondern auc zum größten Theil unthätig; ſie verläßt ſich auf die von allen Seiten herbeiſtxömenden Spenden, und man ſagt nicht mit Unrecht, daß in ihx auf zehn Faulenzer nur ein Arbeiter fomme. Merkwürdig iſ übrigens, daß ein Theil der Jeruſalemer Juden der Vielweiberei huldigt oder fich wenigſtens eine zweite Frau neben dex erſten geſtattet, vou welcher Exlaubniß indeſſen aus naheliegenden Gründen nur die Wohlhabendſten Gebrauch machen können. Die einzelnen jüdiſchen Sekten befehden ſich untereinander auf das heftigſte.
Abgeſehen von den höheren Beamten, welche einigen Luxus entwi>eln, trägt das Leben der weitaus größeren Hälfte der-Bewohner Jeruſalems den einfachen und ärmlichen Charakter des heutigen Morgenlandes überhaupt, denn die glänzenden Zeiten, von denen uns die Märchen aus tauſend und eimer Nacht erzählten - ſind längſt vor=übergerauſ<ht. Die Landwirthſchaft liegt darnieder, die Handwerke werden in dex primitivſten Weiſe betrieben, an Induſtrie fehlt es gänzlich, faſt alle Gebrauchsartifel werden daher aus Europa importirt.
Und damit fommen wir zu dem leßten Beſtandtheil der Bevölkerung, zu der euxopäiſchen odex, wie man im Orient ſagt, zu der fränkiſchen Kolonie. Hier nehmen die griechiſchen Chriſten, was Zahl und Wohlhabenheit an= belangt, den erſten Rang ein und werden von Rußland nach jeder Nichtung hin untexrſtüßt — ein großartiger Bautenktomplex dicht vor der Stadt umfaßt ihre Kirchen und Klöſter, das Konſulat, ein umfangreiches Spital und weitläufige Pilgerherbergen.