Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.
FD Klippen des Glüs.
Noch einmal las Egon den an Herrn v. Oſternau ge= richteten Brief, der ihm eine bange Sorge einflößte. Was ſollte er morgen Herrn v. Oſternau fagen? Für dieſen war er ſelbſt Gottlieb Pechmayer, der undankbare Neffe des Predigers, der leidenſchaftliche Spieler, der thatſächlih des Oheims ihm anvertrautes Geld unterſchlagen hatte. „F< verhehle Jhnen nicht, daß der Brief meine gute Meinung über Sie erſchüttert hat,“ ſo hatte Herr v. Oſternau geſagt und ſicherlich war ex zu ſolchem Ausfpruh voll berechtigt.
„Es iſt die höchſte Zeit, die tolle Farce dieſes Zwitter= lebens zu beenden!“ flüſterte Egon. „Jh muß fort aus dieſem Hauſe, muß mi< dem Zauberbann entreißen , der mich umfangen hält !“
Schon oft hatte er in den leßten Wochen denſelben Vorſaß gefaßt, faſt täglich, wenn er Abends in ſeinem ein= ſamen Zimmer nachdachte über die Erlebniſſe des Tages, war ex zu dem Entſchluß gekommen, ſi<h loszureißen von den Banden, die ihn umſ<hlangen, aber wenn er dann am nächſten Morgen den Entſchluß zur Ausführung bringen ſollte, vermochte ex es niht. Ja, ein Zauberbann lag auf ihm und feſſelte ſeinen Willen, nux wußte® ex nicht, von wem dieſer Bann ihm auferlegt war.
Wenn ex an Bertha dachte, wenn ihr wunderbar ſ{<höues Bild ſeine Phantaſie erfüllte, durhdrang ihn ein wildes, ungeſtümes Wonnegefühl, ſein Puls ſchlug ſchneller, ſeine Gedanken verwirrten ſich, ſeine Seele war erfüllt von bren= neudem Verlangen. Nux einmal wünſchte ex fie in ſeine Arme ſchließen zu können, ſie, die ex ſo thörichter Weiſe beleidigt und verſchmäht hatte!