Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 7.
190 Hexx Ulrich v. Lichtenſtein.
auf ſie verſteche, erhalte ein gülden Ringlein für ſeine Dame, welches die Kraft habe, daß ſie ſ<höner wird und ihn treu minnet. Wer von Frau Venus (worunter na= türlih nux der unter dieſer Masfe auſtretende Ritter bv. Lichtenſtein ſelbſt verſtanden wurde) niedergeworfen werde, folle ſich na allen vier Enden der Welt einer Frau zu Ehren verneigen, und wer ſie niedertwerfe, erhalte alle ihre Roſſe. Sie fahre neunundzwanzig Tage, und für jeden derſelben war genau die Stadt angekündigt, wo ſie Her= berge nehme, ebenſo aber, daß ſie auf der Fahrt weder ihr Antliß, noh ihre Hände ſehen laſſen und mit Nie= manden ſprechen werde. Am achten Tage na< dem Ende der Fahrt gebiete ſie noh ein Turnier zu Neuburg (bei Wien). Jeden Ritter, der dies vernehme und ſich nicht ſtelle, thue ſie in die Acht der Minne und aller guten Frauen.
Am Exfolg dieſer Verkündigung brauchte der romat= tiſche Lichtenſteiner niht zu zweifeln. Duxch dergleichen Ruf fühlten ſich Ritter wie edle Frauen und Fräulein geehrt; Lanzen brechen ward. mit Leidenſchaft von den Adeligen als Kampſſpiel betrieben, und mit Frau Venus in die Schranken zu treten, reizte um fo mehr, al3 man begierig ſein mußte, wie der unter der Maske auftretende Ritter ſeine ebenfo kühne wie koſtſpielige Rolle duxchführen verde.
Am beſtimmten Tage brach dex junge Herr Ulrich auf wie ein reicher Fürſt. Voran ritten ſein Marſchall und ſein Koh, dann folgte ſein ſhneeweißes Banner zwiſchen zwei reitenden Poſaunenbläſern; hinterdrein drei Saun= roſſe, die von Buben geführt wurden, drei geſattelte und