Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 7.
Vou Fedor Maria. 241
„Friede und Eintracht“ — wie wohl hätte das derm armen geplagten Volke am blauen Meerbuſen von Parthe= nope gethan! Jahre lange Mißwirthſchaft, innerer Hader und äußerer Krieg hatten die Felder verwüſtet und — was ſ{limmer war — das Vertrauen zur Monarchie gebrochen. Und doch begrüßte das Volk noch einmal freudig den Bouxbonenfönig, als ſei er wirfli< ein Engel des Friedens. Ferdinand hielt nicht, was er verſprochen — „Friede und Eintracht“ blieben leere Worte für ihn, unerreichbare Jdeale für die Neapolitaner. Wie ſpäter die leßten Bourbonen auf dieſem morſchen Königsthron ſi<h mit einex Kohorte von Banditen und Lazzaroni umgaben, -um dem Straf= gericht von Gaëta zu entgehen, ſo bildete au<h Ferdinand eine Prätorianergarde zu ſeinem Schuß, die keine8wegs aus ſauteren Elementen beſtand, ſo trat auc ex zeitweilig mit dem Brigantaggio des Landes in eine. Verbindung, die ein wahrhaft exſchre>tendes Licht auf die Regierungszuſtände Neapels warf. Die bezeichnendſte Flluſtration für dieſe Verhältniſſe gab die tragiſche Epiſode der „Vardarelli“, welche wix ‘nachſtehend zu berichten gedenken.
Im Heere König Muxat's diente als gemeiner Soldat no< im Jahre 1810 ein Neapolitaner niederer Herkunſt, Namens Gaëtano Vardarelli. Ex war ein roher, gewalt= thätiger Geſelle von rieſiger Körperkraft, nicht ohne ein gewiſſes organiſatoriſches Talent, verſchlagen und {lau und ebenſo verwegen wie hinterliſtig, tü>iſ<h und grauſam. Als ihm das Soldatenleben niht mehr behagte, wurde er fahnen= flüchtig und ſuchte eine Freiſtatt in Sicilien. Hier verübte
Bibliothek, Jahrg. 1884, Bd. VIL. 16