Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.
118 j Der Condéerx.
den Stoff häuslicher Unterhaltung bildete, kam alſo au< an dem Eßtiſch im Horak’ ſchen Hauſe zur Verhandlung, als da die fleine Familie mit Kne<ht und Mägden zur Abendmahlzeit beiſammen war. Toni hatte ihr kleines Lottchen auf dem Schoß, Horak las in dem Blatte, nach= dem es ihm ſeine Frau gereiht, und immer wieder kam das Geſpräch bei Tiſche auf das große Ereigniß der Hinri<tung in Mainz zurü>. Jn der Schrift war auh mancherlei - von der jungen Frau des Schinderhannes er= zählt, die ex erſt einige Fahre zuvor geheirathet, ein hüb= ſhes Bauernmädchen aus dem Schwarzwald, Julchen Blaſius mit Namen. Toni fonnte niht aufhören, ihre Theilnahme beſonders für dieſe zu bezeigen und thre Phan= taſie de8wegen förmlih zu überreizen.
„Wie iſt es,“ meinte ſie, „nur mögli<h, daß ein ſo
ordentliches und au< wohlhabendes Mädchen einen ſolchen Menſchen heirathet ?“ __ Horak bli>te nah dieſen Worten ſeiner Frau auf von dem Blatte, in deſſen Bericht er ſi< eine Weile wieder vertieft zu haben ſchien. Es zu>te wie ein Bliß aus ſeinen ſ{hwarzen Augen hinüber; ſeine Stirne verfinſterte ſich dabei auf einen Moment und ſeine Antwort klang auffällig rauh, ſo daß Toni ſtußte.
„Was geht es Dich an?“ ſtieß er hervor.
Dann abex nahm ſein Geſicht den gewöhnlichen ruhigen Ausdru> wieder an und er ſeßte in der Weiſe, wie er mit ihr ſonſt zu ſprechen pflegte, hinzu: „Sie wird's wohl niht gewußt haben, daß ſie den Räuberhauptmann Schinder= hannes zum Mann genommen.“