Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.
Novelle von SchmidE-Weißenfels.. 121
Ihr Mann richtete ſein Haupt empor und ſtarrte ſie an. Er ſchwankte ſi<htlih, ob er ihr antivorten und ein Geſpräch wieder in Gang bringen ſolle, welches eine ſo un= heimliche Wirfung auf ihn geübt. Fene dämoniſche Macht, der die Verbrecher untvillkürlih folgen, indem fie _fi< an den Schauplaß ihrer lezten Unthat begeben, um zu erfahz ren, ob ſie entde>t oder in Verdacht ſeien — jene Macht allein mußte thn jebt beſtimmen, auf die Frage ſeiner Frau in einer ſie höchſt überraſ<henden Weiſe einzugehen.
„Du biſt ſonderbar, Weib,“ ſagte er mit einer erkün= ſtelten Scherzhaftigkeit. „Wenn i<h nun ſo ein Kexl, wie der da, geweſen wäre, fo ein Räuber, der ſein Handwerk verſteht — hätte i< Dich denn niht auh mit ganzem Herzen, mit einer wahren Leidenſchaft lieben können ?“
„O bitt’ Dich, Joſeph, was ſ{<wäßeſt Du ſolch? frevel= hafte Zeug !“
„Nein, nein, Toni; ſehen wix den Fall, Du ſeieſt, ohne es zu wiſſen, eines Räubers Frau geworden, wie das Julchen des Schinderhannes —“
„Pſui! Pfui, Mann! Welche Gedanken hat Du!“
„Zum Beiſpiel,“ fuhr ex fort, und aus ſeiner lächelu= den Miene hob ſi< ein diaboliſcher Zug hervor, „ſtatt meiner wäre der Condéer auf den Hof Deines Vaters gefommen — Du exinnerſt Dich doh no<h, was der alte Juſtitiar von ihm erzählte? Nun, wenn ih ihn bei dem Neberfall verwundet hätte, wie ex mi<h mit ſeiner Kugel getroffen, und er wäre nah Arisheim gekommen, wo ihn do< Niemand gekannt haben würde, und er hätte ſih da in der Pflegezeit in Dich verliebt, Du hätteſt dieſe Liebe