Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.
Roman von Georg Hartwig. 39
hört, Herr Amtsrichter, daß der alte Graf Freiberg nun doch den viel beſprochenen Güterkomplex angekauft hat?“
„Was Sie ſagen!“
„Ja. Geſtern iſt der Fuſtizrath Dreyſing nah Kron= thal hinau83gefahren. Bis heute Nachmittag follte Alles abgemacht ſein. Wix erwarten den Juſtizrath no< zum Abendeſſen. Na ja, da kommt ex. Guten Akend, guten Abend! Miekchen, Dreyſing iſt da!“
Ein älterer Herr trat elaſtiſhen Schrittes in die Geſell= ſchaft, welche ihn ſofort mit neugierigen Fragen überſchüttete.
„Nux gemach, nux gemach, meine Herrſchaften,“ rief er, fich ſcherzend die Ohren zuhaltend, „Sie ſollen Alles erfahren. Ach, da haben wir ja auh unſere jüngſte Colzſegin,“ ſagte ex, Jrma’s Geſtalt flüchtig muſternd. „Meine gnädige Frau, flattern Sie in die Winternacht hinaus, fo werden wir morgen rufen: der Lenz hat fich gezeigt!“ Er reichte Jrma die Hand und zog thre kleine Rechte galant an ſeine Lippen. Dabei flüſterte ex ihr ne>end zu: „Wir ſind hier do< nicht Alle ganz vorſintfluthli<h, wie?“
„Herr Juſtizrath, “ rief die Apothekerin {<rill lachend, da fie den reichen alten Junggeſellen glühend zum Schwie= gerſohn begehrte, „mir ſcheint, Sie ſind bei Jhrem alten Grafen ſchon in die Schule gegangen!“
„Dex Graf iſt leidex ſo gichtiſh, daß ex augenbli>li< feinen Unterricht ertheilen fann, dagegen ſein Bevollmächz tigter wäre dazu geeignet, wenn ex niht für eine zahl[= reiche Familie zu ſorgen hätte, Frau Apotheker, Aber —“
„Später wird der Graf jedenfalls ſelbſt hier exſcheinen?“ warf Meiſchi> dazwiſchen.