Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.
60 Der Talisman des Weibes.
Unbefangen, aber ſtrahlenden Bli>es ſah ſie zu ihm empor. „Dann würde au< ih mi<h mit dem verhaßten Sittlingen halb und halb ausſöhnen können !“
Er lächelte eigen. „Wie müßte man es wohl anſtellen, damit diefe Ausſöhnung vollkommen geſchähe ?“
Jrma’s Uebermuth erwachte ſ{nell. „Wenn Sie den Sittlinger Klatſchbafen rei<hlih Nahrung für die Kaffee= unterhaltungen geben!“ Mit geläufiger Zunge entwarf ſie dem eifrig Lauſchenden ein Bild ihrer Leiden unter dem Despoti8mus der Krähwinkelei, fo daß der Graf biäweilen heſſl aufla<te. Aller Groll, den ſie in den leßten Wochen ſ<weigend in ſi< verzehrt, brach jeßt ſatiriſ<h ausgepußt gewaltſam durh. „Was iſt der Lebenszwe> dieſer Glieder= puppen?“ rief Jrma ſpöttiſh. „Fragen Sie die Eine, Und ſie wird antworten: „Fh ſpare etliche Groſchen den Meinen menalli< an der Nahrung ab!“ Cine Zweite: Jh ſlopfe und ſtrie und ſ<heuere und bürſte, bis mix der Tod die Bürſte aus der Hand nimmt!“ Eine Dritte: „JS frame und frame ohne Aufhören das Hinterſte nah vorn und das Vorderſte nah hinten, bis ih nichts mehr herausfinden kann!“ Ah, warum konnten Sie neulich nicht mit uns die Feſtgans bei Miekchen, der Einzigen, eſſen! Da war eine Cäcilie oder Euterþe, oder wie Sie ihr Genie ſonſt bezeichnen wollen, die ſang — warten Sie, ſo, ganz ſo — |!“
Die junge Frau ſprang zum Flügel und gab einen Ohrenſchmaus zum Beſten, der zwer(hfellerſchütternd auf den Grafen wirkte; zuleßt konnte auch ſie das Lachen nicht länger unterdrüd>en und accompagnirte ihm mit ihrer ſilber=
hellen Stimme.