Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.
Roman von Georg Hartwig. 79
der Hand beſchattend, vernahm Jrma, was Freiberg mit gedämpfter Stimme zu erzählen begann.
„Es ſind jeßt anderthalb Fahre hex, daß mein Vater mix unbeſchränften Urlaub gab, Ftalien zu bereiſen. Ein großes Opfer, wenn man erwägt, daß gichtiſche S<hmer= zen ihn unau8geſeßt an ſeinen Armſeſſel feſſeln. J< bin, wie Sie bereits wiſſen, ſein einziger Sohn und Erbe, des= Halb ſein Stolz und ſeine Hoffnung. Ungern ſah er mi ſcheiden, meinem Jugenddrange nachgebend, und kein an= deres Verſprechen belaſtete mich, als das: meines Namens und meiner geſellſchaftlichen Stellung niemals uneingedenk ſein zu wollen.
Ich reiste ab. Freunde fuchte ih nicht, deshalb fand ih auch feinen. Allein und ungeſtört genoß ih mit vollen Zügen, was mix eine vierundzwanzigjährige Phantaſie nicht Halb ſo Herrlih vorgegaufelt.“ Seine Stimme ſank zum Sllſterlaut herab und zwang Jrma, thre Augen auf Frei= berg's Lippen ruhen zu laſſen.
„Eine Mondnacht, wie fie nux auf Jtaliens Fluren niederſinft, ſah meinen Nachen übex den Fluthen des Lago Maggiore ſ{weben. Jh ließ ihn willenlos hinlreiben auf dem ſilberfunkelnden Waſſer, aus welchem tauſend Sterne wie ebenſo viele Nixenaugen zu mix herxaufleuchteten eine wonnige Täuſchung! Die Mitternachtsſtunde hauchte narfotiſche Düſte aus grünumlaubten Ufern, den Wohl= geru< blühender Citronen- und Mandelbäume, Orange= “und Oleanderblüthen, während i< traumbefangen im ſ{hau= felnden Kahn lehnte, bald zu den Schneekuppen des Monte oſa aufſchauend, als müſſe droben eine Lichterſcheinung