Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 13.

Novelle von Schmidt-Weißenſels. 139

die Vollmacht extheilte, nah Ermeſſen zur Gefangennahme der beiden älteſten Großfürſten zu ſchreiten, ſah ex ein, daß es niht nur für ſein und dex Seinigen Leben nothwendig ſei, dem unglü>li<hen Monarchen die Macht über Andere zu nehmen, ſondern au< für Rußlands Wohlfahrt. Es blieb ihm feine Wahl. Der Großfürſt gab daher dem Grafen Pahlen das Wort, ihn gegen den Zaren gewähren zu laſſen und nach deſſen erzwungener Thronentſagung einverſtanden zu ſein, zum Kaiſer proklamirt zu werden.

Auch das Billet, welches Sergei Sorin an den General= gouverneur für Alexa übergeben, nahm dex Großfürſt zur Beſorgung an ſih. Ex konnte es dur< ſeine Gemahlin an die Unglü>liche gelangen laſſen, deren Geſchi> bei allen Mitgliedern der kaiſerlichen Familie eine um ſo ſ{hmerzlichere Theilnahme erregte, je nüher die Stunde rüd>te, da es fich erfüllen follte. Um neun Uhr an dieſem Morgen ivaren ſie alleſammt zur Trauung Alexa’3 befohlen, und wie Sklaven mußten ſie dieſem Befehl de3 Despoten ge= horchen. Wie hätten ihre Gemüther niht dagegen rebel= liren ſollen?

Was der Jnhalt des Briefes Sorin’s wax, wußte Pahlen; als ex ihn dem Großfürſten mitgetheilt, ſagte dieſer nachdenkli<h: „Es iſt in der That das einzige Mittel zur Rettung, wenn ſie dur< Weigerung ihrer Einwilligung vor dem Prieſter die thatſächliche Heirath unmöglich macht. Nur noch heute kann es ſchre>li<h für ſie werden — mor= gen, morgen ift au< ſie vor der Tyrannei geſichert, oder,“ ſügte der Prinz düſter hinzu, „wir ſind Alle verloren.“

„Wir twwerden es nicht ſein, kaiſerliche Hoheit,“ ſprach