Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.
46 Der Talisman des Weibes.
„Ah, Scherz!“ ſagte Frau v. Paſſevini ungeduldig. „So ſubtile Unterſchiede machen dergleichen Perſönlich= feiten niht! Jm Uebrigen ſollte i< meinen,“ fuhr ſie etwas boshaft fort, „daß Jhr Eifer allein genügen follte, - Garda Menari mit dem Märchen von Fretberg's Lode auszuſöhnen !“
Der Präſident lächelte fein. „Der wahre Sachverhalt wird Sie gewiß auch intereſſiren! Wiſſen Sie, weshalb dex Graf treulos ward ?“
„Nein!“ Frau v. Paſſevini näherte ſi< ihm um mehrere Schritte. „Sie wiſſen? Das iſt ja empòrend, ih weiß gar nichts davon! Woher denn Sie?“
„Von Fräulein Menari ſelbſt!“
„Ah, ſie ſpricht darüber? Das iſt, das iſt allerdings ſehr intereſſant! Jh muß geſtehen, daß die Aufführung des Grafen zuleßt räthſelhaft wurde. Alſo, was wollten Sie ſagen ?“
„Nun, dex gute Graf fand hier eine Jugendgeliebte wieder, und deshalb gab Garda Menari ihm den Lauf= paß — ſie ihm, und nicht ex ihr!“
Die Augen der Legationsräthin wurden rund vor Staunen. Es flog ihr etwas Eigenthümliches, Wunder= bares dur den Sinn. Da indeſſen ihr Gemahl mit der Marcheſa ſoeben zurü>tkehrte, konnte ſie nur eindringlich fragen: „Aus der guten Geſellſchaft ?“
„Sie meinen?“ fragte der Präſident jeht ſeinerſeits boshaft, denn ſeiner gewandten Frageſtellung war es ge= lungen, das Dunkel zu lichten, welches Jrmengard ge= fliſſentlih um die Perſon ihrer Nebenbuhlerin breitete.